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Xenotransplantation: Schweineherzen schlagen über zwei Jahre in Pavianbäuchen

Mit Hilfe von Immunsuppressiva haben gentechnisch veränderte Schweineherzen eine Rekorddauer für Fremdtransplantationen erzielt. Den Blutkreislauf der Affen mussten sie allerdings nicht antreiben. Sobald die Medikamente abgesetzt wurden, war das Experiment vorbei.
Operation am Herzen

Wer ein Spenderherz braucht, muss oft lange warten. Manchmal zu lange. In Deutschland kamen im Jahr 2014 laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) 512 Menschen neu auf die Warteliste für ein Spenderherz. Doch nur 304 Transplantationen wurden im selben Zeitraum durchgeführt. In den USA sterben nach Angaben des U.S. Department of Health and Human Services pro Tag etwa 22 Patienten, während sie auf ein Herz oder ein anderes lebenswichtiges Organ warten. Ein Ausweg könnte die Transplantation von tierischen Organen sein, etwa aus Schweinen. Forscher um Muhammad Mohiuddin vom US-amerikanischen National Heart, Lung, and Blood Institute in Bethesda haben es nun geschafft, Schweineherzen in Pavianen für mehr als zwei Jahre am Leben zu erhalten. Die Herzen waren allerdings nicht für die Versorgung des Kreislaufs der Affen zuständig. Stattdessen pumpte weiterhin das Pavianherz das Blut durch den Körper, das Schweineherz wurde im Bauchraum nur mit an die Blutversorgung angeschlossen.

Schweine bieten sich als Organspender unter anderem deshalb an, weil ihre Organe ähnlich groß wie die von Menschen sind. Allerdings treten bei Organverpflanzungen zwischen verschiedenen Spezies, so genannten Xenotransplantationen, starke Abstoßungsreaktionen des Immunsystems auf. Der bisherige Rekord für ein gesundes Schweineherz im Affenkörper lag bei 179 Tagen, also etwa sechs Monaten. Mohiuddin und seine Kollegen wendeten nun zwei Methoden an, um diesen Zeitraum zu verlängern. Zum einen benutzten sie die Herzen genveränderter Schweine. Bei diesen Herzen fehlte an der Oberfläche der Blutgefäße ein Enzym, das normalerweise das menschliche Immunsystem dazu anregt, Antikörper zu bilden, und so das Blut zum Gerinnen bringt. Dieses Verfahren wurde bereits 2001 entwickelt. Die Schweineherzen aus der aktuellen Studie besaßen zudem zwei menschliche Proteine, die die Blutgerinnung regulieren und die Immunantwort blockieren sollten. Zum anderen setzten die Forscher auf eine gezieltere therapeutische Unterstützung mit Medikamenten. Diese sollten das Spenderherz schützen, ohne das gesamte Immunsystem zu stark zu schwächen, wie das bei bisherigen Immunsuppressiva der Fall war. Zu diesem Zweck experimentierten die Forscher mit einem Antikörper, der einen für die Signalübertragung zwischen bestimmten Immunzellen wichtigen Rezeptor hemmt.

Das Ergebnis: Einer der fünf operierten Paviane behielt das Schweineherz 945 Tage im Leib, etwa zweieinhalb Jahre. Bei vier Versuchstieren blieb das Herz im Mittel für mehr als 298 Tage intakt. Einer der Paviane starb bereits etwa fünf Monate nach der Operation an einer antibiotikaresistenten Infektion und zählte nicht mit in die Überlebensstatistik. Allerdings blieben die Schweineherzen nur so lange vom Immunsystem der Affen unbehelligt, wie dieses mit Medikamenten unterdrückt wurde. Zwar konnten zwei der Affen auch mit niedrigeren Dosen an Immunsuppressiva das Herz im Körper behalten. Nach Absetzen der Medikamente trat bei den zwei anderen jedoch sofort eine Abstoßungsreaktion auf. Offenbar würde ohne lebenslange Einnahme von starken Therapeutika eine Xenotransplantation wohl nicht zum Erfolg führen.

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