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Sinne: Sehpigment nimmt auch Temperaturen wahr

Rhodopsin als Wärmesensor
Das Protein Rhodopsin kennen Biologen bestens – handelt es sich doch um das Sehpigment, das in Augen von Wirbeltieren, aber auch von Insekten für die Wahrnehmung von Licht sorgt. Als umso überraschender erweist sich die völlig andere Funktion, die nun Craig Montell von der Johns Hopkins University in Baltimore mit seinem Forscherteam entdeckte: Taufliegen (Drosophila) nehmen mit Hilfe von Rhodopsin auch Temperaturunterschiede wahr.

Die Larven der beliebten Versuchstiere fühlen sich bei einer Temperatur von 18 Grad Celsius am wohlsten. Aber auch in einer geringfügig wärmeren Umgebung bis zu 24 Grad können sie gut leben. Die Wissenschaftler wussten bereits, dass die Tiere diesen angenehmen Bereich von lebensgefährlicher Kälte oder Hitze mit Hilfe des Temperatursensors TRPA1 (Transient Receptor Potential) unterscheiden. Die schmale Skala zwischen 18 und 24 Grad registriert es aber nicht.

Rhodopsin als Wärmesensor | Die Grafik illustriert die Temperatursensoren bei Taufliegen: Die blauen Kugeln stellen die Zellmembran dar, in der Rhodopsin (grün) und TRPA1 (rot) sitzen und gemeinsam mit anderen Proteinen (große Kugeln) unterschiedliche Temperaturbereiche wahrnehmen.
Auf der Suche nach dem zweiten Thermosensor gingen die Forscher von der Erkenntnis aus, dass es einige Proteine gibt, die sowohl bei der Licht- als auch bei der Wärmewahrnehmung mitmischen. Sollte hierzu auch der Sehrezeptor Rhodopsin gehören? Montell und seine Kollegen schalteten daher in Drosophila-Larven das für Rhodopsin kodierende Gen ninaE aus und setzten die Tiere zusammen mit normalen Larven auf eine Platte mit zwei unterschiedlich warmen Bereichen. Die eine Seite blieb konstant auf 18 Grad; die Temperatur der anderen Hälfte variierten die Wissenschaftler zwischen 14 und 32 Grad. Nach jeweils zehn Minuten zählten die Wissenschaftler die Larven in jedem Bereich.

Tatsächlich verloren die Tiere ohne Rhodopsin das Wärmegefühl: Sie bevorzugten nicht die 18-Grad-Seite gegenüber einem wenig wärmeren Untergrund – ganz im Gegensatz zu den natürlichen Larven. Temperaturen unter 18 oder über 24 Grad mieden die Mutanten ebenso.

Demnach scheint Rhodopsin für die feinen Unterschiede in diesem Wohlfühlbereich zuständig zu sein. Und das funktioniert offenbar unabhängig vom Licht – denn die Larven reagierten in dunkler und heller Umgebung gleich. (bw)

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