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Ionische Flüssigkeiten: Seifenbläschen unter magnetischer Kontrolle

Magnetisches Tensid

Will man Dreck oder Öl und Wasser säuberlich trennen, dann hilft die chemische Stoffklasse der Tenside: Sie vermittelt mit fett- und wasserlöslichen Anteilen und kapselt den Lipidschmutz so in Bläschen ein. In der Praxis wäre es allerdings auch hilfreich, die entstehenden Lipidtröpfchen ohne enormen Aufwand aus dem Waschwasser gezielt wieder herauszuholen. Vielleicht gelingt das in Zukunft einmal mit magnetisch manipulierbaren Tensiden wie jenen langkettigen eisenhaltigen Kohlenwasserstoffen, die Forscher um Julian Eastoe von der University of Bristol vorstellen: Die Moleküle arbeiten wie oberflächenaktive Seifen, lassen sich aber überdies durch ein Magnetfeld von außen in jede gewünschte Richtung lenken.

Grundgerüst der neuen Tenside sind so genannte ionische Flüssigkeiten. Solche "flüssigen Salze" werden künstlich aus positiv und negativ geladenen Ionen hergestellt, die auf Grund ihrer sehr unterschiedlichen Größen aber keine Kristalle bilden; sie sind demzufolge bei Raumtemperatur, untypisch für Salze, kein Feststoff. Somit eignen sie sich auch gut als Lösungsmittel.

Tensid wandert im Magnetfeld | Das magnetische Tensid (MILS 1, unten) im Experiment. Ein Magnet bewegt sich langsam durch unterschiedlich dichte, aufeinanderliegende Lösungen und zieht dabei das magnetische Tensid (gelb) durch eine darüberliegende Schicht (durchsichtig) mit sich. Dabei werden die gegen die Bewegung arbeitende Schwerkraft und die Oberflächenspannung zwischen den Phasen überwunden. Oben ein Kontrollversuch mit nicht magnetischen Tensiden (SURF 1).

Eastoes Team stellte nun eisenhaltige, also magnetisch manipulierbare, ionische Flüssigkeiten vor, in denen ein langkettiges hydrophobes Kation mit einem Eisenhalogen-Anion kombiniert ist. Die resultierenden Komplexe, beispielsweise das 1-Methyl-3-Butylimidazoliumtetrachloroferrat, bilden in Wasser typische Micellen mit einem Lipidschwanzanteil innen und dem eisenhaltigen, negativ geladenen polaren Kopf auf der Außenseite. Die so organisierte Struktur mit dicht zusammenliegenden Eisenatomen spricht auf ein äußeres Magentfeld an, wie die Forscher weiter zeigen konnten: Die magnetische ionische Flüssigkeit wandert im Feld entgegen der Schwerkraft und überwindet dabei auch Hindernisse wie die Oberflächenspannung an der Grenze zu einer anderen Flüssigkeitsschicht.

Die Kombination der oberflächenaktiven und magnetischen Eigenschaften verspricht eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten, meinen die Forscher. So war bislang eine Phasentrennung oder -mischung von Tensiden in Wasser energieaufwändig und könnte durch den Einsatz äußerer Magnetfelder leichter zu erreichen sein. In fernerer Zukunft sei es sogar vorstellbar, dass die neuen Tenside magnetophoretische Effekte zulassen – also ein gesteuertes Bewegen der Micellen in einer Lösung per Magnetfeld.

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