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Arktis: Die sibirische Tundra könnte fast komplett verschwinden

Durch die Erderwärmung breiten sich die Lärchenwälder im Nordosten Russlands immer weiter gen Norden aus. Die sibirische Tundra könnte dadurch bis zur Mitte des Jahrtausends auf sechs Prozent ihrer Fläche zusammenschrumpfen. Selbst mit rigorosen Klimaschutzmaßnahmen sieht es düster aus, wie ein Modell zeigt.
Luftaufnahme eines Sees in der Tundra der Taimyrhalbinsel.
Luftaufnahme eines Sees in der Tundra der Taimyrhalbinsel.

In den kalten Regionen der Welt sind die Folgen des Klimawandels besonders deutlich zu sehen. In der Arktis ist die Temperatur in den vergangenen 50 Jahren um rund zwei Grad Celsius gestiegen – so stark wie an kaum einem anderen Ort. Das hat auch Folgen für die einzigartige Vegetation der Polarregion, wie Stefan Kruse und Ulrike Herzschuh vom Alfred-Wegener-Institut berichten: Wird die Erderwärmung nicht durch rigorose Klimaschutzmaßnahmen begrenzt, könnten bis zur Mitte des Jahrtausends nur noch knapp sechs Prozent der heutigen Fläche der sibirischen Tundra im Nordosten Russlands übrig sein, schreiben die Forschenden im Fachmagazin »eLife«. Für die heimische Tier- und Pflanzenwelt wäre das eine Katastrophe.

Kruse und Herzschuh nutzten für ihre Studie ein Modell, das es ihnen erlaubte, Veränderungen der Baumgrenze hin zur Tundra auf der Ebene einzelner Individuen darzustellen. Dabei zeigte sich, dass sich der sibirische Lärchenwald durch die wärmeren Temperaturen mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 Kilometern pro Jahrzehnt nach Norden hin ausdehnt. Die Tundra, die auf der anderen Seite durch den Arktischen Ozean begrenzt ist, wird dadurch immer weiter zusammenschrumpfen, bis sie Mitte des Jahrtausends fast komplett von der Bildfläche verschwunden ist.

Die Forschenden modellierten auch, was passiert, wenn es gelingt, die Erderwärmung mit Klimaschutzmaßnahmen global betrachtet unter zwei Grad Celsius zu halten. In diesem Fall würde ebenfalls ein Großteil der Tundra verloren gehen, rund 30 Prozent könnten aber wohl gerettet werden. Diese würden sich allerdings auf zwei weit voneinander entfernte Flächen auf der Taimyrhalbinsel im Westen und Tschukotka im Osten beschränken.

»Wenn wir so weitermachen, wird dieses Ökosystem langfristig verschwinden«, erklärt Eva Klebelsberg vom WWF Deutschland, der sich gemeinsam mit dem Alfred-Wegener-Institut für die Ausweisung von Schutzgebieten einsetzt, in einer Pressemitteilung. Es gelte deshalb schon jetzt die Schutzgebiete auszuweiten und die Schutzmaßnahmen zu verstärken, um zu retten, was noch zu retten ist, und die einzigartige Biodiversität der Tundra zu erhalten. In der sibirischen Tundra, deren Vegetation vor allem durch Flechten, Moose, Gräser und Zwergsträucher gekennzeichnet ist, die über Permafrostböden wachsen, sind zahlreiche Tier- und Pflanzenarten heimisch, die sich im Lauf der Zeit an die extremen Wetterbedingungen angepasst haben. Zu Ersteren zählen etwa Rentiere und Arktische Hummeln, zu Letzteren Weiße Silberwurz und Arktischer Mohn.

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