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Entomologie: So viele Keime tragen Fliegen mit sich

Stuben- und Schmeißfliegen genießen nicht den besten Ruf - die Hausmitbewohner sind auch wahre Keimschleudern.
Stubenfliege saust durchs Haus

Rund 100 verschiedene Wirbellosenarten leben in jedem durchschnittlichen Haushalt – das zeigte eine Studie in »Scientific Reports«. Zu den bekanntesten und unbeliebtesten dieser Mitbewohner gehören sicherlich die Stuben- und Schmeißfliegen. Sie surren nicht nur lästig um das Essen, sondern gelten auch als Überträger allerlei Krankheitserreger. Dass sie diese Aufgabe sogar noch besser erledigen als bislang angenommen, zeigt eine weitere Veröffentlichung in den »Scientific Reports«. Ana Carolina Junqueira von der Bundesstaatlichen Universität Rio de Janeiro und ihr Team untersuchten dazu 116 Stuben- und Schmeißfliegen von drei Kontinenten und aus unterschiedlichen menschlichen Umfeldern im Hinblick auf die Bakterienlast, welche die Tiere mit sich herumtragen.

Insgesamt konnten die Wissenschaftler 316 unterschiedliche Bakterienarten auf den Schmeiß- und sogar 351 auf den Stubenfliegen nachweisen, wobei einzelne Exemplare tatsächlich mit jeweils mehreren hundert Keimarten unterwegs sein konnten. Die höchste Dichte wiesen naturgemäß die Beine auf, mit denen die Tiere auf Fäkalien oder Aas stehen, aber auch die Flügel waren stark kontaminiert. »Die Bakterien nutzen die Fliegen quasi wie ein Taxi«, so der beteiligte Biologe Stephan Schuster. Unter den nachgewiesenen Bakterien befanden sich zahlreiche Pathogene, die bei Menschen heftige Durchfallerkrankungen oder andere Malaisen auslösen können. Fliegen aus Brasilien schleppten sogar Helicobacter pylori mit sich herum, der bei Betroffenen Magengeschwüre auslösen kann – als potenzielle Überträger habe man diese Insekten jedoch noch nicht im Visier gehabt, warnt Schuster. Etwa die Hälfte aller Bakterien kam sowohl bei den Stuben- als auch bei den Schmeißfliegen vor, was angesichts ähnlicher Nahrungsvorlieben wenig überrascht. Beide suchen Aas und Kot auf, um ihre Eier abzulegen und sich zu ernähren.

Erstaunlicherweise fanden die Forscher starke Stadt-Land-Gegensätze vor: In dicht besiedelten Regionen wiesen die Fliegen mehr Bakterien auf als Artgenossen, die im Umfeld von Viehställen auf dem Land gefangen wurden. Offensichtlich bildet der Zugang zu offenen Latrinen oder Sickergruben eine wichtige Quelle für humanpathogene Erreger auf Insekten, während Viehhaltung zwar die Fliegenzahl an sich fördert, sie aber weniger stark für uns kritischen Bakterien aussetzt. Das könne man zukünftig vielleicht bei der Wahl des Picknickplatzes berücksichtigen, sagt Schneider – auf einer Waldlichtung setzt man sich geringeren Risiken durch Fliegen aus als vielleicht im Stadtpark.

Trotz des hohen Ekelfaktors sehen die Biologen allerdings ebenso einen positiven Nebenaspekt: Die Fliegen könnten als einfache Bioindikatoren dienen. Anhand ihrer Bakterien ließen sich Hinweise ermitteln, wo in definierten Bereichen Krankheitserreger vorhanden sein könnten. Wegen ihrer geringen Größe dringen sie in Bereiche vor, die Menschen praktisch verschlossen sind – in denen beispielsweise Aas vergammelt.

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