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Antimaterie: Spektroskopie von Antiwasserstoff möglich

Antiproton-Decelerator am CERN

Atome aus Antimaterie lassen sich inzwischen zu Dutzenden erzeugen und sogar für etliche Minuten einsperren. Doch um ihre Eigenschaften mit denen der gewöhnlichen Materie zu vergleichen und so neben der entgegengesetzten elektrischen Ladung vielleicht weitere Unterschiede zwischen den beiden Materiearten aufzuspüren, fehlt bisher eine spektroskopische Analyse der Antimaterieatome. Im Experiment ALPHA am Forschungszentrum CERN zeigen Wissenschaftler nun, dass solche Messungen an Antiwasserstoff mit vorhandener Technik prinzipiell machbar sind. Die Ergebnisse zukünftiger Studien geben dann womöglich Hinweise darauf, warum das Universum offenbar nur aus Materie besteht.

Zunächst stellte das Forscherteam um Jeffrey Hangst von der Aarhus Universitet in Dänemark die Antiwasserstoffatome her – durch zufällige Kollisionen zwischen Positronen – den Gegenstücken der Elektronen – und Antiprotonen. Um rund 6000 Antimaterieatome zu erhalten, mischen die Wissenschaftler über zwei Millionen extrem langsame Positronen und etwa 20 000 ebenso langsamen Antiprotonen. Von diesen lässt sich dann im Mittel nur ein Antiatom in einer magnetischen Falle einfangen und so überhaupt erst für spektroskopische Analysen zugänglich machen.

Antiproton-Decelerator am CERN | Im "Antiproton-Decelerator", einem Speicherring am Forschungszentrum CERN in Genf, werden Antiprotonen abgebremst, bevor sie in verschiedenen Experimenten untersucht werden.

Ob sich ein Antiatom einsperren lässt oder nicht, hängt unter anderem von der Energie des Positrons ab. In einem Magnetfeld kann sich dessen Spin entweder parallel oder antiparallel ausrichten, was zu einem Aufspalten der Energieniveaus im Antiwasserstoffatom führt – Physiker sprechen von der Hyperfeinstruktur. Auch der Grundzustand des Antiwasserstoffs teilt sich auf, wobei sich nur eine der beiden Konfigurationen in der Falle einfangen lässt. Das machten sich Hangst und sein Team nun zunutze: Sie bestrahlten die eingesperrten Antiatome mit Mikrowellen einer bestimmten Frequenz, woraufhin der Spin der Positronen umklappen sollte. Die zugehörigen Antiatome müssten somit aus der Falle ausgestoßen werden und zerstrahlen.

Um diese These zu überprüfen, bestimmte die Forschergruppe die Anzahl der in der Falle zurückbleibenden Atome und verglich sie mit den Ergebnissen zweier Kontrollversuche. Hierin wurden die Antiwasserstoffatome keiner Strahlung oder aber Mikrowellen abseits der Resonanzfrequenz ausgesetzt. In der Tat lag die "Überlebensrate" von Atomen, die mit Mikrowellen der Resonanzfrequenz bestrahlt wurden, deutlich unter derjenigen der beiden anderen Versuchsvarianten. Die Ursache liege sehr wahrscheinlich im Umklappen des Positronenspins und damit in einer Wechselwirkung zwischen den Mikrowellen und dem Antiwasserstoffatom.

Das Ziel, also das Hyperfeinspektrum des Antiwasserstoffs präzise zu vermessen, ist damit zwar noch nicht erreicht, aber die Forscher der ALPHA-Kollaboration demonstrieren mit ihrer Studie die Durchführbarkeit einer solchen Messung. Anhand der Spektren von Wasserstoff und Antiwasserstoff ließen sich dann ein fundamentales Gesetz der Physik überprüfen – das CPT-Theorem. Dieses besagt, dass jeder physikalische Prozess, in dem Materie und Antimaterie ausgetauscht werden und der gleichzeitig spiegel- und zeitverkehrt abläuft, ebenfalls möglich ist. Das Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie im Universum könnte letztlich auf die Verletzung solcher Symmetrien zurückgehen.

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