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Forensik: Starb Weltumfliegerin Amelia Earhart als Einsiedlerin?

Die 1937 verschollene US-Flugpionierin Amelia Earhart gehört zu den größten Legenden der Luftfahrt. Starb sie auf einer einsamen Pazifikinsel? Der Verdacht erhärtet sich.
Amelia Earhart vor ihrem Flugzeug

Amelia Earhart war schon zu Lebzeiten eine Legende: Als erste Frau (und zweiter Mensch nach Charles Lindbergh) überquerte sie allein in einem Flugzeug den Atlantik, ihr gelang der Solo-Premierenflug von Kalifornien nach Hawaii, und sie setzte den damaligen Höhenweltrekord für Frauen. Doch 1937 verschwand sie spurlos: Zusammen mit ihrem Navigator Fred Noonan war sie zu einer Weltumrundung aufgebrochen, doch auf ihrer Etappe von Neuguinea und der pazifischen Howardinsel – auf halbem Weg nach Hawaii – ging etwas schief. Der Kontakt zu Earhart und Fred Noonan brach nach dem 2. Juli 1937 ab, als auf Howard der letzte Funkspruch empfangen wurde. Seitdem wird über das Schicksal der beiden gerätselt. Hatten die japanischen Streitkräfte sie gefangen genommen, schließlich lagen die von Japan besetzten Marshall- und Marianen-Inseln in relativer Nähe zur Flugroute? Oder waren sie über dem Pazifik abgestürzt und im Meer versunken?

Für all diese Thesen gab und gibt es wenig Belege, während sich bei einer dritten Option die Hinweise zumindest verdichten, wie Richard Jantz von der University of Tennessee in Knoxville in »Forensic Anthropology« schreibt. Immer wieder wurde auch gemutmaßt, dass die beiden Flieger auf dem Atoll Nikumaroro gestrandet sein könnten, nachdem ihre Maschine abgestürzt war oder notgelandet wurde. Das Eiland liegt 350 Seemeilen südlich der ursprünglichen Flugroute und galt bis 1938 als unbewohnt; erst danach gründeten die Briten dort eine kleine Siedlung. 1940 entdeckten dann ein paar der Siedler einen Schädel auf dem Atoll und beerdigten ihn; weitere Knochen fand schließlich der Offizier Gerald Gallagher, der sie einer Frau zuordnete. Zudem spürte er eine Sextantenkiste, den Teil eines Damenschuhs sowie eine Flasche der französischen Likörmarke Bénédictine auf, die Earhart gerne trank.

Diese Skelettteile wurden wenige Monate später auch untersucht, doch kam der verantwortliche Mediziner D. W. Hoodless zu dem Schluss, dass die Knochen zwar zu einem Europäer oder Nordamerikaner passen. Doch handele es sich dabei um die Überreste eines beleibteren Mannes mittleren Alters, so der Bericht von Hoodless – weshalb er auch Noonan ausschloss, da dieser zu groß dafür gewesen wäre. Und ausgeschlossen war ein derartiger Toter ohnehin nicht, da 1929 auch ein Schiff vor Nikumaroro gesunken war, wobei mehrere Männer dabei starben. Dummerweise verschwanden die Knochen auch wenige Zeit später, so dass keine DNA-Tests und andere Studien mehr daran vorgenommen werden konnten.

Die Originalaufzeichnungen der Knochenmessungen blieben jedoch erhalten, weswegen Jantz sie nun mit modernen statistischen Methoden auswerten und mit bekannten Informationen zur Größe und Statur Earharts vergleichen konnte. Sein Ergebnis ist relativ eindeutig: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent passen die Knochenmaße auf Earharts Körperdimensionen verglichen mit einer sehr großen Referenzgruppe anderer Menschen. Längenverhältnisse und Dicke der Arm- und Beinknochen passen auch zu einer für damalige Verhältnisse groß gewachsenen, eher schmalhüftigen Frau, wie Earhart es war. Denn Jantz hat dazu auch anhand von Kleidungsstücken und Fotos der Pilotin ihre Größe rekonstruiert. Earhart war zwischen 1,70 und 1,72 Meter groß, womit sie rund 90 Prozent ihrer damaligen Geschlechtsgenossinnen übertraf. Die Bilder zeigen zudem schmale Hüften, aber kräftige Arme und Beine. Und das würde alles zu dem Skelett auf dem Atoll passen.

»In allen uns bekannten Punkten stimmen die Knochen mit den Maßen von Earhart überein«, schließt Jantz. »Ihre Größe passt, und die Schädelmessungen könnten ebenfalls von einer Frau stammen. Am überzeugendsten aber ist die Übereinstimmung der Knochenlängen.« Es sei deshalb sehr wahrscheinlich, dass das Skelett von Earhart stammte. »Solange keine eindeutigen Beweise dagegen gefunden werden, ist dies die überzeugendste Erklärung«, so Jantz. »Und sie war in der Nähe von Nikumaroro, als sie verschwand.« Dazu kommt, dass Tauchgänge vor der Insel Trümmer verschiedenster Art erfassten, wobei noch ungeklärt ist, ob sie auch von einem Flugzeug stammen. Sonaraufnahmen aus dem Jahr 2013 lassen immerhin die Vermutung zu, dass vor der Küste in 200 Metern Tiefe ein Flugzeugwrack liegen könnte, das bislang nicht näher inspiziert wurde.

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