Direkt zum Inhalt

Superager: Über 90, geistig fit - und massive Alzheimerplaques

In den Gehirnen zweier 90-Jähriger stießen Forscher auf starke Alzheimermerkmale. Doch die beiden Patienten waren außergewöhnlich fit. Was schützte sie vor dem geistigen Abbau?
Älterer Mann löst Kreuzworträtsel im Gartenstuhl

Als "Superager" bezeichnen Forscher Menschen, die trotz eines beachtlichen Alters jenseits der 90 noch geistig fit sind und in Gedächtnistests Werte wie der durchschnittliche 50-Jährige erbringen. Ein Team um Aras Rezvanian von der Northwestern University in Chicago hat nun die Gehirne von acht kürzlich verstorbenen Superagern einer Autopsie unterzogen. Ziel war herauszufinden, warum die Gehirnleistung der Freiwilligen auch im Greisenalter nicht nachließ.

Bei zwei Fällen wollen Rezvanian und Kollegen einen bemerkenswerten Befund gemacht haben, den sie nun auf der Jahrestagung der Society for Neuroscience in San Diego vorstellten: In den Gehirnen seien sie auf die beiden Kernkennzeichen der Alzheimerkrankheit gestoßen, so genannte Amyloidplaques und Tau-Fibrillen. In den beiden Fällen habe die Dichte und Verteilung dieser Proteinablagerungen auf einem Niveau gelegen, wie man es sonst von den schwersten Alzheimerfällen kenne, zitiert das Magazin "New Scientist" den Forscher. Die ältesten der Alten könnten demnach das volle Spektrum der Alzheimermerkmale zeigen und trotzdem überragende Gedächtnisleistungen erbringen, erklärt Rezvanian. "Das deutet darauf hin, dass es noch unbekannte Faktoren gibt, die einige Senioren vor den Plaques und den verdrillten Fasern schützen."

In Hippocampus und Frontalkortex, beides wichtige Hirnregionen für Gedächtnis und höhere kognitive Leistungen, sei die Zahl der Nervenzellen trotz der Proteinablagerungen wesentlich höher gewesen als bei Menschen mit Alzheimerdemenz. Gemeinhin wird angenommen, dass Amyloidplaques und Tau-Fibrillen zum Absterben der Neurone führen. Zahlreiche Ansätze für eine Alzheimertherapie versuchen darum, sie aus dem Gehirn der Betroffenen zu entfernen.

Die Studie von Rezvanian und Kollegen liefert nun jedoch einem alten Verdacht neue Nahrung: Bei den Plaques und Fibrillen könnte es sich womöglich gar nicht um die Ursache, sondern nur um ein Begleitphänomen der Alzheimerdemenz handeln, wenn nicht sogar um eine typische Alterserscheinung. Sie zu entfernen, hätte darum nicht die erhoffte Wirkung.

Allerdings, gibt der Leiter der Studie Changiz Geula zu bedenken, wäre es zumindest theoretisch denkbar, dass die beiden auffälligen Superager auch außergewöhnlich viele Neurone hatten, so dass sie den alzheimerbedingten Verlust an Nervenzellen bis jenseits der 90 ausgleichen konnten. Daten, die dies belegen oder entkräften könnten, haben sie freilich nicht: Dazu hätte man die Betroffenen bereits vor Jahrzehnten untersuchen müssen.

Schreiben Sie uns!

1 Beitrag anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.