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Flechten : Noch 'n Pilz!

Seit 140 Jahren gelten Flechten als Paradebeispiel einer Symbiose zweier Partner. Doch jetzt zeigt sich: Das stimmt so überhaupt nicht.
Wolfsflechte Letharia vulpina

Flechten sind weder Pflanzen noch richtige Pilze, denn lebensfähig sind sie nur, wenn zwei Partner zusammenkommen: ein Pilz auf der einen Seite und eine Fotosynthese treibende Alge auf der anderen. Dieses vor rund 140 Jahren entdeckte Zusammenspiel gilt als ein Lehrbuchbeispiel für eine Symbiose.

Laut einer aktuellen Studie ist das jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn wie der Flechtenexperte Toby Spribille von der University of Montana und seine Kollegen herausfanden, gehört bei vielen weltweit vertretenen Flechtenarten ein weiterer Mitspieler zum Team: ein zu den Hefen zählender Pilz, der mit dem eigentlichen Flechtenpilz nicht verwandt ist und sich in der Haut der Organismen einnistet. "Das stellt unsere grundlegenden Annahmen über Flechten auf den Kopf", sagt Spribille.

Die Wissenschaftler waren auf die Existenz des Dritten im Bunde gestoßen, als sie sich auf die Suche nach der Ursache für ein rätselhaftes Phänomen machten: Im Westen Montanas kommen zwei sehr nahe verwandte Flechtenarten vor (Bryoria tortuosa und Bryoria fremontii), von denen die eine giftig für Säugetiere ist und die andere nicht. Auch in ihrem Aussehen unterscheiden sie sich, identisch sind dagegen der eigentliche Flechtenpilz und die zugehörige Alge. Erst als die Wissenschaftler gemahlene Flechtenproben gentechnisch auf ihre RNA analysierten, fanden sie den zweiten Hefepilz, wobei die giftige Flechtenart deutlich mehr davon enthielt als die ungiftige Variante. Der Einzeller gehört zu den Ständerpilzen (Basidomyceten).

Dass sie hier nicht einem Einzelphänomen aufgesessen sind, klärten sie anschließend durch Untersuchung von zahlreichen weiteren weltweit verbreiteten Flechtenspezies. Auch hier stießen sie auf den Ständerpilz, und auch hier ließ sich sein Gehalt in den Flechten mit bekannten, aber bislang unerklärten Variationen in deren Erscheinungsbild in Verbindung bringen. Folglich scheint er nicht einfach per Zufall oder als Parasit in die Flechten gelangt zu sein. Nach Meinung von Spribille und Kollegen steht darum außer Frage, dass der neu entdeckte Pilz einen eigenen Teil zur Symbiose beiträgt – welcher das ist, das gelte es nun zu klären, so die Forscher.

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