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Exoplaneten: Tausend neue Welten

Das Beobachtungsgebiet von Kepler

Sind wir allein in unserer Milchstraße oder gibt es andere Planeten mit intelligentem Leben? Ist unser Sonnensystem der Regelfall oder eine exotische Ausnahme? Wie viele andere Sterne werden von Planeten umkreist? Seit dem Frühjahr 2009 folgt das NASA-Weltraumteleskop Kepler der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne, um diese Fragen zu klären. Dabei beobachtet es gut 190 000 Sterne in einem Himmelsareal in der Milchstraße im Sternbild Schwan. Durch kontinuierliche Messungen wird die Helligkeit jedes einzelnen Sterns überwacht und auf winzige Einbrüche untersucht. Dadurch verraten sich nämlich Planeten, die diese fernen Sonnen umkreisen: Immer wenn sich aus Sicht von Kepler ein Planet auf seiner Bahn vor sein Muttergestirn schiebt, sinkt die Helligkeit des Sterns durch die Sonnenfinsternis im Miniformat ganz leicht ab. Je größer der Planet, desto markanter die Verfinsterung. Die Instrumente des Satelliten können Helligkeitseinbrüche von nur 0,01 Prozent der Sternhelligkeit registrieren und damit auch Exoplaneten aufspüren, die kleiner als die Erde sind.

Das Beobachtungsgebiet von Kepler | Das Milchstraßen-Himmelsfeld im Sternbild Schwan, in welchem das Weltraumteleskop Kepler die Helligkeit von 190 000 Sternen kontinuierlich überwacht. Kleine Einbrüche in der Helligkeit verraten den Transit eines Planeten vor seinem Mutterstern.
In den vergangenen drei Jahren hat die Kepler-Mission wiederholt Schlagzeilen gemacht, zuletzt mit der Entdeckung des erdähnlichen Planeten Kepler-22b, der seine Sonne am Rand der habitablen Zone umkreist. Dies ist der Bereich um einen Stern, in dem auf seinen Planeten Wasser in flüssiger Form vorliegen kann und damit erdähnliches Leben möglich ist. Welten wie Kepler-22b wurden bei einer Vielzahl von Transiten vor ihrem Stern gesehen und durch unabhängige Beobachtungen mit Teleskopen auf der Erde nachgewiesen. Neben diesen offiziell bestätigten Planeten gibt es eine stetig wachsende Liste von Planetenkandidaten, bei welchen diese strenge Existenzprüfung noch aussteht. Diese Kandidaten wurden einer Vielzahl komplexer Tests unterworfen, um auszuschließen, dass die beobachteten Helligkeitseinbrüche andere Ursachen haben; daher sind sie mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit real. Das Wissenschaftlerteam der Mission brachte nun die Liste der vom Kepler-Satelliten identifizierten Planetenkandidaten auf den neuesten Stand.

Grundlage der neuen Veröffentlichung im Astrophysical Journal sind die Kepler-Messdaten der 16 Monate zwischen Mai 2009 und September 2010. Die Autoren berichten die Entdeckung von 1091 neuen Planetenkandidaten und verdoppeln damit die Gesamtzahl der durch Kepler identifizierten Welten auf 2321. Da einige Sterne ein Mehrfachplanetensystem aufweisen, sind es insgesamt 1790 Sonnen, um die diese Exoplaneten kreisen. Unter den neuen Kandidaten befinden sich insgesamt 361 dieser Mehrfachsysteme mit bis zu fünf Planeten. Das bisher einzige bekannte Sechsfachsystem Kepler-11 wurde im Jahr 2011 entdeckt. Auffällig ist, dass es in diesen Vielplanetensystemen keine großen Gasplaneten mit Umlaufzeiten von unter zehn Tagen gibt, während diese bei Einzelplaneten häufig vorkommen. Hier zeichnet sich möglicherweise ein generelles Prinzip bei der Entstehung von Sonnensystemen ab.

Die Planetenkandidaten von Kepler | Größenverteilung der 2321 Planetenkandidaten, die das NASA-Weltraumteleskop Kepler in den ersten 16 Monaten seiner Mission identifiziert hat. Im Vergleich zum vorherigen Katalog hat sich die Anzahl der Erd- und Supererdkandidaten auf 922 verdoppelt.
Im Vergleich zum vorherigen Kandidaten-Katalog, der auf Daten der ersten 13 Missionsmonate basiert, fällt ein Trend ganz klar auf: Es wurden mehr kleine Planeten in weiten Umlaufbahnen um ihren Heimatstern entdeckt. Die Anzahl der Planeten, die kleiner als zwei Erddurchmesser sind, hat sich auf 922 fast verdoppelt. Ebenso ist der Anteil von Exoplaneten mit einer Umlaufszeit von mehr als 50 Tagen deutlich stärker angewachsen als derjenige mit kürzeren Bahnperioden. Dieser Trend sei nicht allein auf die Zunahme der verwendeten Datenmenge zurückzuführen, so die Autoren. Die wesentliche Rolle spielten stetige Verbesserungen der Datenanalysemethoden, die sich dann rückwirkend auf alle bisher aufgenommenen Messdaten anwenden lassen.

Wie bei den vorherigen Aktualisierungen des Kepler-Katalogs nimmt auch diesmal die Anzahl der erdgroßen Planeten in der habitablen Zone ihrer Sterne zu. Insgesamt 46 Planetenkandidaten befinden sich in dem lebensfreundlichen Gürtel um ihre Heimatsonne, zehn von ihnen sind ungefähr so groß wie die Erde. Die zunehmende Anzahl erdähnlicher Planeten in den habitablen Zonen bedeutet, dass die Astronomen bald genauere statistische Aussagen über die Häufigkeit einer zweiten Erde in unserer Milchstraße treffen können. Die Wissenschaftler können dann besser als bisher abschätzen, ob es einen, zehn oder vielleicht hunderte Planeten wie den unseren gibt. Noch sei es allerdings zu früh für konkrete Aussagen, warnen die Astronomen. Vieles deute darauf hin, dass die verwendeten, komplexen Datenanalysemethoden noch nicht ausgereift genug seien, um wirklich alle erdähnlichen Exoplaneten aufzuspüren: Viele weitere Geschwister der Erde verstecken sich vermutlich in den Messdaten.

Bei einigen der neu identifizierten Kandidaten haben nicht Computer den Mammutanteil der Arbeit erbracht, sondern Freizeitwissenschaftler. Beim Projekt PlanetHunters.org können Freiwillige über eine Internetseite aufbereitete Kepler-Messdaten visuell inspizieren und nach Transitereignissen suchen. Das Potenzial dieses Ansatzes zur Datenanalyse ist enorm: Seit dem Start des Projekts im Dezember 2010 haben 100 000 Freiwillige zehn Millionen mögliche Transite identifiziert. Sechs mögliche Planeten wurden durch die Freizeitwissenschaftler aufgespürt, die in der automatisierten Suche der Kepler-Forscher nicht aufgefallen waren. Neun weitere Welten wurden sowohl von PlanetHunters.org als auch von den Profi-Astronomen aufgespürt.

Die neue Veröffentlichung zeigt, dass verbesserte automatische Analysemethoden und die Einbindung von Freizeitwissenschaftlern die Chancen steigen lassen, die Suche nach der zweiten Erde zu einem Erfolg zu führen. Die Zukunft für die Kepler-Mission, die noch bis Ende 2012 Messdaten aufnehmen wird, sieht rosig aus.

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