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Hochgenaue Zeitmesser: Teilchengedränge macht Atomuhren noch präziser

Atome in einer optischen Falle
2009 hatten Forscher um Jun Ye von der University of Colorado in Boulder eine optische Atomuhr hergestellt, die erst nach 300 Millionen Jahren eine Sekunde nachgeht. Nun haben sie nochmals aufgerüstet: Um Kollisionen zwischen den taktgebenden Atomen zu verhindern und damit die Genauigkeit einer solchen Uhr weiter zu steigern, haben sie die Teilchen enger zusammengedrängt.

Anstatt aber die Atome wie im früheren Experiment in ein optisches Gitter einzusperren, hielten Ye und seine Kollegen die rund 4000 Strontiumatome in mehreren tausend optischen Röhren gefangen, die sie – genau wie beim optischen Gitter – durch sich überkreuzende Laserstrahlen realisierten. In dieser speziellen Anordnung traten die Teilchen so stark miteinander in Wechselwirkung, dass sie nicht mehr miteinander kollidierten, berichten die Forscher.

Atome fest im Griff | Die Forscher kühlten die Atome zunächst auf zwei millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt ab. Mit einem infraroten Laserstrahl erzeugten sie dann ein Lichtgitter, in dem sie die Atomwolke festhielten. Durch einen weiteren, senkrecht dazu verlaufenden Laserstrahl (hier horizontal eingezeichnet) bildeten sich winzige optische Röhren an den Schnittpunkten der beiden Laserstrahlen, in denen die Atome im Experiment eingesperrt wurden.
Dieser scheinbare Widerspruch – weniger Zusammenstöße trotz dichterer Packung – lässt sich mit den Gesetzen der Quantenmechanik aufklären: Strontiumatome gehören zur Klasse der Fermionen. Befinden sich zwei dieser Teilchen im selben Quantenzustand, dürfen sie sich nicht am selben Ort aufhalten. Das verbietet das so genannte Pauli-Prinzip. Demnach können sie auch nicht miteinander zusammenstoßen.

In einer gewöhnlichen optischen Falle wechselwirken die Laserpulse, die die Atome zum "Taktgeben" anregen sollen, nicht mit allen Teilchen in gleichem Maß. Aus diesem Grund besitzen die Atome leicht unterschiedliche Energiezustände, fallen nicht mehr unter das Pauli-Prinzip und können deshalb miteinander kollidieren, fanden Ye und sein Team 2009 heraus. Das vermindert aber die Präzision der Atomuhr, denn die Zusammenstöße stören die Energiezustände der Atome, und damit verschiebt sich letztlich die Anzahl der "Ticks" pro Sekunde.

Indem die Wissenschaftler die Strontiumatome nun in die optischen Röhren einschlossen, schränkten sie deren Bewegungsfreiheit erheblich ein. Dadurch erhöhte sich die Wechselwirkungsenergie der Teilchen, sie wurden also deutlich stärker durch ihre Nachbarn beeinflusst als im klassischen Fall. Auf diese Weise fallen die durch den Laser induzierten Energiedifferenzen nicht mehr ins Gewicht, und die Teilchen unterliegen weiterhin dem Kollisionsverbot. Das gesamte Ensemble verhalte sich, als wäre es eingefroren, und das verbessere die Genauigkeit der untersuchten Atomuhr um das Zehnfache.

Mit Hilfe der optischen Röhren lässt sich den Wissenschaftlern zufolge auch die Anzahl der taktgebenden Atome und damit die Stabilität der Atomuhr steigern, ohne systematische Effekte hervorzurufen. Ihr Ansatz sollte dazu beitragen, Atomuhren auf Basis neutraler Atome zukünftig noch konkurrenzfähiger zu machen. (mp)

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