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Ornithologie: Testosteron macht Vögel bunter

Rothuhn
Vogelmännchen profitieren gleich mehrfach von einem erhöhten Testosteron-Spiegel im Blut: Neben gesteigerter Durchsetzungsfähigkeit bei der Balz oder positiver Beeinflussung ihres Stimmapparats sorgt das Hormon für intensivere Färbung des Gefieders durch Karotinoide, wie ein kanadisches Forscherteam nun an Rothühnern (Alectoris rufa) entdeckte. Das Testosteron erhöht die Verfügbarkeit des Farbpigments.

Männliches Rothuhn | Gemälde eines männlichen Rothuhns im Profil: Deutlich erkennbar ist der rote Hautring um das Auge, der eine wichtige Rolle bei der Brautwerbung einnimmt.
Die Wissenschaftler um Julio Blas von der Universität Saskatchewan erhöhten experimentell den Testosteron-Wert von einigen Rothühnern, die anfänglich eine geringe Konzentarion des Hormons im Blut hatten. Gleichzeitig maßen sie den Gehalt an Karotinoiden im Blut sowie die Stärke des Immunsystems der Vögel, da die Farbpigmente nicht nur für gelbe und rote Farben von Federn, Füßen oder Schnabel sondern, sondern auch die Körperabwehr der Tiere stimulieren. Testosteron wird dagegen eher eine die Immunabwehr dämpfende Wirkung nachgesagt. Nur gesunde Tiere können es sich dementsprechend leisten, besonders viele Karotinoide ins Gefieder zu investieren.

Die zusätzliche Testosterongabe erhöhte bei den Vögeln den Karotinoid-Gehalt im Blutplasma und in der Leber um rund ein Viertel im Vergleich zu unbehandelten Tieren. Gleichzeitig zeigten Männchen mit hohem Testosteronwert in beiden Gruppen auch eine intensivere Rotfärbung der Hautpartie um die Augen – einem wichtigen Signal bei der Balz. Da jedoch nicht das gesamte zusätzlich verfügbare Karotinoid in den Federschmuck ging, verblieb ein größerer Anteil davon auch im Blut, wo es die oxidative und damit potenziell gesundheitsschädigende Wirkung des Androgens abmilderte.

Hormone wie Testosteron spielen eine wichtige Rolle bei der Ausbildung der männlichen Geschlechtsorgane wie sekundärer Merkmale und leisten einen großen Beitrag zur Prägung des männlichen Verhaltens. Blas und seine Kollegen werten deshalb die positive Beeinflussung des Karotinoid-Spiegels als ursprünglichen Mechanismus zum Schutz des Immunsystems vor den Androgenen. Um diese verbesserte Gesundheit nach außen hin zu vermitteln, entwickelten sich dann im Laufe der Evolution intensiv rot, gelb oder orange gefärbten Körperpartien als sekundäres Qualitätsmerkmal. Womöglich begründet das Testosteron auch die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei Gefiederfarben, die auf Karotinoiden beruhen, während dies bei Strukturfarben – sie entstehen durch einen besonderen Aufbau der Federn – oder auf Melanin basierenden Pigmenten nicht der Fall ist.

Auf welche Weise Testosteron den Karotinoid-Spiegel anhebt, ist den Wissenschaftlern noch unklar: Womöglich hängt dies mit erhöhter Enzymaktivität im Darm oder einem Plus an Lipoproteinen im Blut zusammen, was beides ebenfalls von dem Hormon gesteuert wird, so Blas. (dl)

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