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Invasive Art: Tierschutz-Streit um »Kokain-Nilpferde«

Einst gehörten Nilpferde zum Privatzoo des Drogenbarons Pablo Escobar. Ihre Nachkommen vermehren sich nun rasant und bedrohen Ökosysteme in Kolumbien.
Ein Nilpferd lagt knapp über die Wasseroberfläche.
Nilpferde sind nicht nur groß und durchaus gefährlich, sie verändern ganze Ökosysteme. Manche Fachleute befürworten, sie in Kolumbien ganz auszurotten - doch sie haben auch Fans.

Mögliche Pläne, die sich in Kolumbien ausbreitenden Nilpferde zu schützen, lassen Fachleute um die betroffenen Ökosysteme fürchten. Anlass ist eine Rede der kolumbianischen Umweltministerin Susane Muhamad im Januar 2023, in der sie ankündigte, den Tierschutz zur Priorität ihres Ministeriums zu machen – was womöglich auch die Nilpferde einschließt. Die Vorfahren der Tiere waren 1993 von einem Landgut des Drogenbosses Pablo Escobar entkommen und haben sich seither im Fluss Magdalena und einigen umliegenden Seen vermehrt. Inzwischen ist die Population laut Schätzungen auf rund 150 Tiere angewachsen – und wächst weiter.

Aus Sicht von Umweltschutzorganisationen sind die Tiere ein Problem. Sie haben keine natürlichen Feinde in Kolumbien und verändern durch ihre schiere Größe Ökosysteme dramatisch. Studien haben gezeigt, dass sie Gewässer nährstoffreicher machen und so Algenblüten begünstigen, die unter Umständen massenhaft Fische sterben lassen. Außerdem sagen Fachleute voraus, dass sie einheimischen Arten Konkurrenz machen und sie verdrängen – darunter bedrohte Arten wie den Karibik-Manati Trichechus manatus. Fachleute plädieren deswegen dafür, die Population strikt zu managen und letztendlich auszulöschen.

Damit das funktioniert, müssen rund 30 Nilpferde pro Jahr entweder geschossen oder entnommen werden. Das passiert derzeit aber nicht – denn die Nilpferde haben auch Fans. Nachdem das starke Wachstum der Nilpferdpopulation erkennbar wurde, hatte die kolumbianische Regierung begonnen, die Zahl der Tiere zu reduzieren. Doch nachdem 2009 Aufnahmen und Berichte von der Jagd auf die Tiere Empörung und Protest auslösten, endeten die Bemühungen des Umweltministeriums, die Population zu verringern. Nun streiten Umwelt- und Tierschützer, wie man das Problem löst.

Bisher ist der Umgang mit invasiven Arten in Kolumbien kaum reguliert. Deswegen hat die Rede von Ministerin Muhamad so eine potenziell wegweisende Bedeutung, obwohl sie die Nilpferde nicht einmal erwähnte. Nicht zuletzt sind die Tiere inzwischen auch eine Touristenattraktion geworden und in der Bevölkerung beliebt. Zumindest in jenem Teil der Bevölkerung, der von den negativen Effekten der rund anderthalb Tonnen schweren Tiere nicht betroffen ist. Eine Strategie zu einem ethischen ebenso wie ökologischen Umgang mit dem Nilpferd-Problem wäre jedenfalls dringend erforderlich. Nicht nur, weil Fachleute bereits jetzt davor warnen, dass die Konflikte zwischen Mensch und Tier zunehmen könnten – sondern auch, weil die Zeit davonläuft. Die Tiere vermehren sich so rasant, dass die Population womöglich bald zu groß ist, um sie effektiv zu managen.

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