Direkt zum Inhalt

Materialwissenschaften: Tripelpunkt in ungewöhnlichem Festkörper bestimmt

Der Tripelpunkt des Wassers ist lange bekannt: Mit Dampf, flüssigem Wasser und Eis können drei Phasen bei bestimmten Temperatur- und Druckbedingungen koexistieren. Allerdings lässt sich dieser Tripelpunkt nur deshalb leicht bestimmen, weil es sich hier um drei Aggregatzustände handelt. Dagegen sind Festkörper, die zwischen verschiedenen festen Phasen wechseln, bislang nur schwer zu untersuchen. Das gilt auch für Vanadiumdioxid, das einen technisch nutzbaren Phasenübergang besitzt: Der Stoff leitet in festem Zustand wie ein Metall elektrischen Strom, um sich bei veränderten Bedingungen prompt wie ein Isolator zu verhalten, der in zwei weiteren Festphasen vorkommt. Ein Forscherteam um Jae Hyung Park von der University of Washington in Seattle hat nun den genauen Tripelpunkt von Vanadiumdioxid entdeckt, indem sie die bisherigen Untersuchungsprobleme bei Festkörpern erfolgreich eliminierten.

Tripelpunkte: Wasser und Vanadiumdioxid | Nur bei einem bestimmten Druck und einer definierten Temperatur können bei Wasser alle drei Aggregatzustände – fest, flüssig und gasförmig – gleichzeitig existieren. Das passiert bei 0,01 Grad Celsius. Auch bei Vanadiumdioxid gibt es so einen Tripelpunkt, bei dem allerdings drei Festphasen koexistieren. Die Phasen M1 und M2 wirken dabei wie ein Isolator, während die Phase R wie ein Metall elektrischen Strom leitet. Dieser Tripelpunkt liegt bei 65 Grad Celsius.

Um einen Phasenübergang in dem festen Material messen zu können, verkleinerten die Physiker zunächst die untersuchten Proben radikal. Sie erzeugten nanometerdünne Kristalle, die sie dann in die Länge zogen, ohne sie zu zerbrechen. Durch die Zugkraft erzeugten sie unterschiedliche Drücke im Material, während sie die Temperatur im Experiment genau kontrollierten. Dann untersuchten die Forscher die Proben mit verschiedenen Mikroskopen und bestimmten ihre elektrischen Eigenschaften. Die Wissenschaftler stellten dabei fest, dass Vanadiumdioxid bei 65 Grad Celsius einen Tripelpunkt besitzt.

Der Fund könnte den Weg zu neuen technischen Anwendungen ebnen. Die wurden vorausgesagt, nachdem die besonderen Eigenschaften von Vanadiumdioxid 1959 entdeckt worden waren. Besonders für elektronische Bauteile birgt es Potenziale, da seine Elektronen in der leitenden Form des Oxids miteinander korreliert sind: Sie bewegen sich fast gleichzeitig mit ihren jeweiligen Nachbarn im Kristallgitter. Der Übergang vom Metall zum Isolator funktioniert dadurch innerhalb von Bruchteilen einer Pikosekunde, also in erstaunlich kurzer Zeit. Somit eignet sich Vanadiumdioxid als Werkstoff für sehr schnelle Schalter.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.