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News: Um die Hüften fülliger

Die Erde ist um den Äquator herum fülliger als entlang ihrer Längengrade. Seit den Eiszeiten hatten sich die Proportionen zwar zugunsten höherer Breiten verschoben, doch seit 1998 strömen die Massen wieder äquatorwärts.
Potsdamer Kartoffel
Die "Potsdamer Kartoffel" ist nicht etwa leckere Beilage, vielmehr handelt es sich um das komplexe Modell der Gestalt der Erde, die eben keineswegs rund ist, sondern einer rotierenden Kartoffel gleicht. 1998 zeigten Forscher des GeoForschungsZentrums Potsdam damit, wie die Erdmassen infolge der Rotation und der ungleichmäßigen Verteilung der Kontinente und Massen im Erdinneren die Geoidgestalt unseres Planeten prägen.

Immerhin fahren Schiffe - keine U-Boote - im Indischen Ozean bis zu 110 Meter unterhalb des mittleren Meeresspiegels, während Fischer im Pazifik ihrer Arbeit stellenweise 80 Meter darüber nachgehen. Im Mittel ist die Erde am Äquator deshalb rund 0,3 Prozent weiter als entlang der Längengrade.

Dass sich dies jedoch ziemlich rasch ändern kann, zeigten schon die ersten Satellitenmessungen vor 20 Jahren, als Forscher feststellten, dass sich die Abplattung der Erde - das Verhältnis von polarem zu äquatorialem Umfang also - in jedem Jahr linear um den Faktor 3·10-11 verringerte.

Der Grund dafür lag im Ende der letzten Eiszeit und dem Schwinden der Kilometer mächtigen Eismassen in den mittleren und hohen Breiten der Nord- und Südhalbkugel. Von dem ungeheuren Druck entlastet, hoben sich in diesen Regionen weite Bereiche der Erdkruste - Skandinavien steigt bis heute stellenweise um einige Dezimeter pro Jahr auf, was zur Konsequenz hat, dass sich Mantelmaterial von den niedrigen in die höheren Breiten bewegt.

Doch seit kurzem - oder genauer gesagt: seit 1998 - ist der Trend umgekehrt. Die Erde wird seitdem wieder flacher - und zwar deutlich. Das erkannten Christopher Cox von den Ratheon Information Technology and Scientific Services und Benjamin Chao vom NASA Goddard Space Flight Center, nachdem sie zahlreiche Laser gestützte Satellitenvermessungen von 1979 bis 2001 ausgewertet hatten.

Über die Ursachen für diese plötzliche Umkehr können auch die Forscher nur spekulieren. Ob die abschmelzenden Gletscher und polaren Eismassen für den Massentransfer in Richtung Äquator verantwortlich sind? Nein, zumindest als alleinige Ursache ist dies auszuschließen, denn die Zunahme in den Äquatorregionen ist um einiges größer.

Bleiben noch zwei andere Ursachen: Zum einen die Ozeane und zum anderen der flüssige äußere Erdkern. In letzterem kommt es immer wieder zu größeren Massenverlagerungen, die sich durch plötzliche Schwankungen im Erdmagnetfeld äußern. Tatsächlich hat es so etwas 1999 gegeben, und es ist nicht auszuschließen, dass der Erdkern seinen Anteil an dem Phänomen hat.

In welcher Größenordnung die Wassermassen der Ozeane schwanken, illustrieren die eingangs geschilderten Unterschiede in den Meeresspiegelhöhen. Auch die sind von Jahr zu Jahr unterschiedlich und können - im Zuge eines kräftigen El Niños beispielsweise - die Erde verformen. Tatsächlich war der El Niño von 1997/98 so intensiv wie kein anderer zuvor im 20. Jahrhundert, allerdings trat das Klimaphänomen auch schon Anfang der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre auf - als die Abplattung noch nicht zurückging.

Vielleicht, so meinen die Forscher, bedurfte es mehrerer El Niños, die schließlich in der Umkehrung des Trends abnehmender Abplattung kulminierten. Und Anny Cazenave vom Centre National d'Etudes Spatiales in Toulouse und Steven Nerem von der University of Colorado warnen in einem Kommentar vor der großen Versuchung, den Massentransfer den veränderten Ozeanen - und damit dem Klimawandel - zuzuschreiben. Letztlich, so die Forscher, seien die Ursachen dafür unbekannt.

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