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News: (Un)Erklärliche Kopfschmerzen

Jeder, der schon einmal unter Migräne gelitten hat, weiß, wie qualvoll das ist. Stundenlange unerträgliche Kopfschmerzen, Brechreiz und anderes plagen die Betroffenen. Amerikanische Wissenschaftler haben nun Hinweise gefunden, warum die Schmerzen so lang anhalten.
Paul Durham und Andrew Russo von der University of Iowa haben einen Rückkopplungs-Mechanismus entdeckt, der zumindest teilweise das lange Andauern von Migräne erklären könnte. Entzündungssubstanzen, die im Verlauf einer Migräne freigesetzt werden, können bestimmte Neuronen im Kopf veranlassen, die Ausscheidung der Neuropeptide calcitonin gene-related peptides (CGRP) zu erhöhen. Die CGRP stimulieren dann die Freisetzung zusätzlicher entzündlicher Wirkstoffe. Die postive Rückkopplung führt zu einer fortgesetzten Ausscheidung von CGRP und dadurch zu anhaltenden Schmerzen.

Die Wissenschaftler entdeckten den Mechanismus, während sie das Migränemittel Sumatriptan untersuchten. Sumatriptan wird als eines der derzeit wirkungsvollsten Anti-Migräne-Medikamente bezeichnet – bei 50 bis 75 Prozent aller Patienten lindert es die Beschwerden. Der Wirkungsmechanismus ist bisher aber nicht bekannt. Durham und Russo suchten die Antwort auf die Frage, warum die CGRP-Konzentration im Verlauf einer Migräne ansteigt und welchen Einfluß Sumatriptan ausübt. Nachdem sie die positive Rückkopplung entdeckt hatten, konnten sie zeigen, daß Sumatriptan diese Schleife blockiert.

Das Medikament verursacht einen langanhaltenden Anstieg der Calciumkonzentrationen in den betroffenen Nervenzellen, die zum Nervus trigeminus gehören. Gewöhnlich ist mit ansteigendem Calciumgehalt eine zunehmende Peptidausschüttung verbunden – bei den CGRP geht die Ausschüttung jedoch zurück. "Wir glauben, daß Calcium wie ein Lichtschalter funktioniert", sagt Russo. "Knipst man das Kalzium an und schaltet es dann rasch wieder aus, verursacht dies eine verstärkte Ausschüttung. Wirkt es jedoch wie ein Dimmer, so blockiert es die Ausscheidung. Es ist ein wunderbares Abbild der Komplexität unserer Körperzellen. Die Zellen können exakt dasselbe Signal aufnehmen, und je nach dessen Amplitude und Dauer erhält man vollständig entgegengesetzte Ergebnisse."

Die Resultate sind auch ein Hinweis auf die biochemische Ursache für Migräne. Daß Sumaptriptan ohne die Beteiligung irgendwelcher Gefäße die CGRP-Ausschüttung der Neuronen stoppt, deutet darauf hin, daß die Neuronen die Schlüsselrolle in der Regulation innehaben.

Das Interesse der Forscher liegt in den einzelnen Schritten der CGRP-Herstellung und -freisetzung durch die Neuronen während der Entzündung. Sie versuchen, die Enzyme zu identifizieren, welche die ursprüngliche CGRP-Ausscheidung stimulieren. Durham sieht die Möglichkeit, daß sie damit Wege für die Entwicklung neuer Migränemittel finden, die selektiver und wirkungsvoller sind als die derzeit verwendeten. Obwohl sie mit ihrer Studie einige interessante Ergebnisse erhalten haben, gibt Russo zu bedenken, daß eine Behandlung auf dieser Basis noch in weiter Ferne liegt. "Wir müssen mit der Untersuchung des Prozesses fortfahren, um vollständig zu verstehen, wann, warum und wie er auftritt", sagt er.

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