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Das aktuelle Stichwort: Vaterschaftstest

Bin ich's, oder bin ich's nicht? Ein genetischer Vaterschaftstest kann Klarheit über den Nachwuchs liefern. Welche Technik steckt hinter dem juristisch umstrittenen Verfahren?
DNA und Mensch
Heimlich durchgeführt bleiben sie juristisch wertlos, aber im Zukunft sollen sie auf legalem Wege leichter möglich werden: Vaterschaftstests. Seit die Antwort auf die bange Frage nach der Urheberschaft der Sprösslinge für wenige hundert Euro zu haben ist, erleben die DNA-Analysen einen wahren Boom. Nicht nur zweifelnde Väter fragen danach, auch die Polizei möchte mit genetischen Methoden Straftäter dingfest machen oder Katastrophenopfer identifizieren.

Dabei fing alles – wie so häufig in der Wissenschaft – mit einer Zufallsentdeckung an: Als der britische Biologe Alec Jeffrey vor über zwanzig Jahren über die genetische Entwicklung des Menschen forschte, fiel ihm auf, dass neben den bei allen Menschen identischen Abschnitten der DNA auch Bereiche auftauchen, die individuell hochgradig unterschiedlich sind. Jeffrey erkannte sofort das Potenzial seiner Entdeckung, die er 1985 als "DNA-Fingerprinting" der Fachwelt vorstellte.

Jeffreys Methode – für die er 1994 von Königin Elisabeth zum Ritter geschlagen wurde – hat sich seit dem wenig verändert: Die DNA aus menschlichen Zellen wird isoliert und mit bestimmten Enzymen in kleine Stücke zerschnipselt. Den Laboranten genügen hierfür schon winzige Mengen – sei es aus Blut, Speichel, Haaren oder Sperma –, da sie das Erbmaterial mit der 1986 von Kary Mullis entwickelten Polymerasekettenreaktion millionenfach vervielfältigen können.

Genetischer Fingerabdruck | Durch einen genetischen Fingerabdruck lassen sich Familienverwandtschaften aufklären: Links wurden DNA-Schnipsel der Eltern (M = Mutter, V = Vater) auf einem Gel aufgetrennt, rechts daneben die von drei Kindern (K1, K2 und K3). Wenn die Kinder von den getesteten Eltern abstammen, muss jede bei ihnen vorkommende Bande auch bei einem der Eltern zu beobachten sein. Im hier gezeigten Bild ist dies der Fall, sodass ein Zweifel an der Elternschaft ausgeschlossen werden kann.
Die Schnipsel gelangen dann auf ein Gel, an dem eine elektrische Spannung angelegt wird. Auf Grund unterschiedlicher Größe und Ladung wandern die DNA-Bruchstücke mit unterschiedlicher Geschwindigkeit durch das Gel und reihen sich mit charakteristischen Abständen zueinander auf. Jetzt müssen die mit dieser "Gelelektrophorese" aufgetrennten DNA-Fragmente nur noch mit Farbstoffen markiert werden, und sie erscheinen als typische Bandenmuster.

Für ihre DNA-Analysen verwenden die Vaterschaftstester nicht die Abschnitte, die für bestimmte Proteine kodieren. Das ginge auch gar nicht, weil sich die Menschen hier viel zu wenig voneinander unterscheiden. Hochgradig variabel sind jedoch kurze Abfolgen von nur wenigen Basen, die sich viele Male wiederholen. Da sich diese Schnipsel wegen ihrer Kleinheit von den übrigen DNA-Bruchstücken im Bandenmuster absetzen, werden sie als Mini- oder Mikrosatelliten bezeichnet.

Die Funktion der Satelliten-DNA – wenn sie denn eine hat – ist den Genetikern immer noch ein Rätsel. Ohne Selektionsdruck konnten sich in diesen nichtkodierenden Abschnitten zufällige Mutationen anhäufen, sodass sie sich wie "echte" Fingerabdrücke von Individuum zu Individuum unterscheiden. Rückschlüsse auf bestimmte Eigenschaften des Menschen, wie Persönlichkeit, Gesundheit oder das Geschlecht, sind mit dem genetischen Fingerabdruck nicht möglich. Nur die Identität oder – wie beim Vaterschaftstest – die nahe Verwandtschaft kann das fälschlicherweise als "Gen-Test" bezeichneten Verfahren ermitteln. Eine genetische Vaterschaft lässt mit 99,9 Prozent nahezu sicher bestätigen – oder aber zu 100 Prozent ausschließen.

Genetisches Material unterliegt juristisch dem Datenschutz. Daher hat das Bundesverfassungsgericht jetzt bestätigt, dass heimlich durchgeführte Vaterschaftstest nicht als Beweismittel vor Gericht gelten. Ein zweifelnder Vater soll jedoch nicht mehr länger im Unklaren gelassen werden: Der Gesetzgeber ist aufgefordert, bis zum 31. März 2008 ein Verfahren zu schaffen, das die Vaterschaftsfeststellung notfalls auch gegen den Willen der Mutter erzwingen kann.

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