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Klima: Verbrennt Amazonien dieses Jahr?

El Niño ist vorüber, doch seine Wetterkapriolen wirken noch nach. In Amazonien könnte der Regenwald die schlimmste Brandsaison seit Langem erleben.
Brandrodung in Amazonien

"Schwere Dürrebedingungen schon am Beginn der Trockenzeit sorgen dieses Jahr für eine extreme Waldbrandgefahr im gesamten südlichen Amazonasraum", warnt der Geowissenschaftler Doug Morton vom NASA Goddard Space Flight Center. Das Risiko sei höher als 2005 und 2010, als der Regenwald ebenfalls von so genannten Jahrhundertdürren heimgesucht wurde und riesige Flächen abbrannten. Momentan leidet die Region unter den trockensten Bedingungen seit Jahren; mancherorts fehlen bis zu 500 Millimeter Niederschlag verglichen mit normalen Jahren.

Wasserdefizit in Amazonien | Der Vergleich verschiedener Jahre zeigt, wie trocken es 2016 in Amazonien ist (oben links 2005, oben rechts 2007, unten links 2010, unten rechts 2016 – jeweils im Mai). Je dunkler Rot angezeigt wird, desto größer ist das Wasserdefizit: In manchen Gebieten fehlen 500 Millimeter Regen. Blau zeigt dagegen überdurchschnittlich viel Regen in den letzten Monaten, wovon besonders der Südosten Südamerikas betroffen war.

Schuld an der Krise sind die Nachwirkungen des vor Kurzem zu Ende gegangenen El Niños, der ebenfalls zu den stärksten der letzten Jahrzehnte gehörte und weltweit Wetteranomalien verursacht hatte. Unter anderem sorgte er dafür, dass über Amazonien hoher Luftdruck vorherrschte und sich Niederschlagsbänder verlagerten. Der Südosten Brasiliens sowie Uruguay wurden teilweise von verheerenden Regenfällen mit Überschwemmungen heimgesucht, während sie weiter nördlich fehlten. 2016 übertrifft das Wasserdefizit in Amazonien noch die Verhältnisse der Jahre 2005 und 2010, gleichzeitig zeigen Satellitendaten, dass es im Juni bereits sehr viel mehr Feuer als in vergangenen Jahren auftraten. Vielfach werden sie gelegt, um dem Regenwald neue Flächen für Weideland abzuringen.

Dabei entsteht ein verheerender Teufelskreislauf. Mangels Regen ist die Vegetation ausgetrocknet und gestresst. Gleichzeitig verdunsten die Bäume weniger Wasserdampf, was wiederum die Wolkenbildung verringert und die Trockenheit verschärft: Der Wald schafft sich normalerweise in Teilen sein eigenes Klima, weil er die vom Atlantik kommenden Niederschläge immer wieder recycelt, bis sich die Wolken schließlich an den Anden abregnen. Zudem sorgt dieser Wasserkreislauf dafür, dass selbst noch außerhalb Amazoniens gelegene Regionen mit Regen versorgt werden, weil die Vegetation die Niederschläge bis tief hinein ins Zentrum Südamerikas "zieht".

Die Trockenheit begünstigt, dass Rodungsbrände außer Kontrolle geraten und sich tief in noch nicht erschlossene Regenwaldflächen fressen. Die Vorhersagen der NASA-Wissenschaftler werden auch den südamerikanischen Behörden zur Verfügung gestellt, so dass besonders brandgefährdete Regionen besser überwacht und die Menschen vor Ort gewarnt werden können. Damit soll die Zahl der gezielt gelegten Feuer schon im Vorfeld reduziert werden. Keine Hilfe dürfte dagegen das Wetter liefern: Die Regenzeit beginnt erst im Herbst wieder, wenn sich die innertropische Konvergenzzone und damit die intensivsten Regenfälle mit dem Sonnenstand in die Südhemisphäre verlagern. Das beginnende La-Niña-Ereignis, das die Niederschläge in Teilen Brasiliens erhöht, bringt dagegen vorerst noch keine Linderung. Es wirkt sich auch verzögert aus und verstärkt den Regen erst Ende des Jahres.

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