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News: Verduftet

Löwenmäulchen und Petunien sind eher weniger für ihren betörenden Duft bekannt. Vielleicht riechen wir aber auch nur zu spät daran: Hatten die Blüten erfolgreichen Besuch von Biene und Co, besteht schlicht kein Grund mehr zu aufwändiger Duftstoffproduktion - also wird sie eingestellt.
Löwenmäulchen
Guter Duft ist teuer. Das gilt nicht nur in der Parfümerie, sondern auch in der Welt unserer grünen Zimmergenossen und Gartenbewohner sowie ihrer wilden Feld-, Wald- und Wiesenverwandten. Denn jene Stoffe, mit denen sie ihre tierischen Bestäuber locken, müssen unter häufig großem Energieverbrauch extra hergestellt werden. Und nur wenn die kleinen Besucher erfolgreich den Pollen von einer Blüte zur nächsten transportieren, der die Nachbarin hoffentlich auch befruchtet, haben sich die Kosten gelohnt.

Zum Duftcocktail gehört bei vielen Pflanzen die flüchtige Substanz Methylbenzoat, hergestellt aus Benzoesäure, der eine Methylgruppe angehängt wird. So auch bei Löwenmäulchen (Antirrhinum majus) und Petunien (Petunia hybrida), die damit verheißungsvoll die "Nasen" ihrer sechsbeinigen Besucher umwehen. Allerdings nicht unbegrenzt: Nach einiger Zeit ist es vorbei mit der betörenden Parfümierung.

Natalia Dudareva von der Purdue University und ihre Kollegen stutzten über den Zeitpunkt des Duftproduktionsstopps: Bei den Löwenmäulchen folgte er 35 bis 40 Stunden auf einen bestäubenden Besucher, bei Petunia 32 Stunden. So lange aber dauert es, bis ein Pollenschlauch aus einem der herantransportierten gelben Körnchen den Fruchtknoten erreicht und dort eine Eianlage befruchtet hat – die Insekten-Visite also erfolgreich war.

Es klingt durchaus logisch: Der teure Duft ist nunmehr unnötig – warum ihn also noch weiter produzieren? Den Herstellungsstopp dabei an die Befruchtung und nicht die Bestäubung zu koppeln, macht ebenfalls Sinn, denn im Moment der Pollenankunft ist noch nicht geklärt, ob dem Pollenschlauch seine Reise in die pflanzlichen Tiefen des Fruchtknotens auch wirklich gelingt. Misslingt die Prozedur, ist die Blüte auf den Besuch weiterer Bestäuber angewiesen, sonst gibt es keine Früchte – also sollte sie auch vorerst noch verlockend duften. Dementsprechend bleibt die Pollenankunft auf der Narbe vorerst ohne Wirkung.

Interessant ist dabei, dass die Pflanzen, obwohl sie ihren Lockstoff auf selbem Wege und mit nahe verwandten Enzymen herstellen, das Ende seiner Produktion auf unterschiedliche Weisen einleiten. Im Falle der Petunien kommt das Pflanzenhormon Ethen zum Zuge, das in vielen Prozessen, vom Blattfall bis zur Fruchtreifung und zahlreichen Stressreaktionen, mitspielt. Ganz anders bei den Löwenmäulchen: Hier entscheidet das Verhältnis von zwei Substanzen aus der Methylbenzoat-Herstellung, ob noch mehr des duftigen Lockstoffes produziert wird, indem sie um das Methyl-anhängende Enzym konkurrieren.

Mit den nunmehr zumindest für Löwenmäulchen und Petunien aufgeklärten molekularen Hintergründe des Duftproduktionssstopps könnten andere Pflanzen vielleicht wieder zum Duften angeregt werden. Denn die Züchtung langlebiger Blüten ging offenbar häufig auf Kosten des blumigen Parfums – Pflanzen achten schließlich penibel auf ihren Energieverbrauch. Die Frage ist nur: Wenn nun die Duftherstellung wieder angekurbelt wird, sparen sie dann vielleicht etwas anderes?

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