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Astrophysik: Gravitationslinse lässt Stern ein letztes Mal aufleuchten – Update

Der Astrometriesatellit Gaia stieß auf den Stern Gaia16aye, der durch den Gravitationslinsenseffekt eines Doppelsternsystems im Vordergrund kurzfristig deutlich aufgehellt wurde. Nun wird er wieder heller, was sich auch in mittelgroßen Amateurteleskopen verfolgen lässt.
Satellit Gaia

Update, 18. November 2016: Der Stern Gaia16aye ist dabei, sich wie vorhergesagt durch einen Gravitationslinseneffekt aufzuhellen. Das Maximum mit einer Helligkeit um 12 mag wird für den 20. oder 21. November 2016 erwartet. Hier finden sie die neuesten Messwerte und Informationen zum Verhalten der Gravitationslinse, zudem können Sie als Amateurbeobachter bei der Untersuchung mitmachen.

Seit mehr als zwei Jahren durchmustert der Astrometriesatellit Gaia den gesamten Himmel und vermisst dabei die Positionen und Eigenbewegungen von mehr als einer Milliarde Sterne in unserem Milchstraßensystem. Dabei werden die Unmengen der ständig von Gaia übertragenen Messdaten mittels spezieller Computerprogramme auf Besonderheiten untersucht, wie zum Beispiel Helligkeitsänderungen von Sternen. Die Programme stießen auf mehr als 1000 veränderliche Lichtquellen, von denen eine Mehrzahl auf stellare Ausbrüche oder Supernova-Explosionen zurückging. Ein Objekt, das im August 2016 erstmals auffiel, hat das Interesse der Forscher geweckt. Dieser Stern, der daraufhin die Bezeichnung Gaia16aye erhielt, wurde plötzlich deutlich heller. Schnell zeigte sich, dass hierfür eine Gravitationslinse verantwortlich sein muss. Die Beobachtungen wurden an die Forschergemeinde weitergegeben, die Gaia16aye mit erdgebundenen Teleskopen ständig im Blick behielt.

Die Lichtkurve des Sterns Gaia16aye | Bei der Auswertung der vom Astrometriesatelliten Gaia übertragenen Messdaten fiel den beteiligten Forschern ein Stern auf, dessen Helligkeit kurzfristig beträchtlich zugenommen hatte. Der Stern erhielt die Bezeichnung Gaia16aye. Im Diagramm ist die Lichtkurve aufgetragen, also die gemessene Helligkeit des Sterns in Größenklassen (lateinisch: Magnituden) gegenüber der Zeit. Die großen dunklen Punkte wurden von Gaia gewonnen, die vielen anderen Messpunkte in den bunten Farben stammen von erdgebundenen Teleskopen, die den Stern seitdem ständig im Blick behalten. Deutlich lassen sich zwei getrennte Aufhellungen des Hintergrundsterns erkennen, die die Schwerkraft eines im Vordergrund vorbeiziehenden Doppelsternsystems erzeugt. Die schwarze durchgezogene Kurve gibt den modellierten Helligkeitsverlauf wieder, das Modell sagt eine letzte Aufhellung von Gaia16aye für Mitte November voraus.

Ein Gravitationslinseneffekt entsteht durch das Schwerefeld eines massereichen Objekts, das nach der allgemeinen Relativitätstheorie den umgebenden Raum krümmt und somit auch Licht ablenken kann. Es kann sich zum Beispiel um einen Stern handeln, der uns deutlich näher steht. Das Schwerefeld verhält sich dann wie eine Linse, die das Licht des Hintergrundsterns bündelt, so dass er für uns beträchtlich heller erscheint. Im Fall von Gaia16aye ist nicht ein Stern allein, sondern ein System aus zwei massereichen Objekten für den Effekt verantwortlich. Die Lichtkurve, also die Auftragung der Sternhelligkeit gegen die Zeit, zeigt deutlich zwei markante Aufhellungen. Dazwischen sinkt die Kurve bis zum Normalwert. In den beiden Maxima leuchtete der Stern rund sechsmal oder zwei Magnituden heller als normal. Im Oktober begann die Helligkeit rasch nach einem spitzen Maximum abzufallen, und für Mitte November sagen die Modelle der Gravitationslinse nochmals ein sehr schmales scharfes Maximum voraus.

Dieses könnte nun jederzeit eintreten, daher setzen die Astronomen weltweit auf die Hilfe von Amateurastronomen, um möglichst viele Helligkeitsmessungen zu erhalten. Die Helligkeit von Gaia16aye wird innerhalb weniger Stunden von einer Helligkeit von 14 mag auf rund 12 mag ansteigen und kurze Zeit später rasant auf den Normalwert abfallen. In der Astronomie gilt: Je höher der positive Zahlenwert vor der Angabe der Magnituden (mag), desto leuchtschwächer ist das Objekt. Da für die Beobachtung und Messung ein mittelgroßes Teleskop ausreicht, lädt die Forschergruppe um Lukasz Wyrzykowski Amateurastronomen zur Mitarbeit ein. Wenn dann alle Daten vorliegen und ausgewertet sind, sollte es möglich sein, die Natur der Doppellinse eindeutig zu bestimmen. Am wahrscheinlichsten ist ein enges Doppelsternsystem, es könnte sich aber auch um ein System aus einem Schwarzen Loch und einem Begleitstern handeln.

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