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Kosmologie: Vergrößerter Blick ins frühe Universum

Ein internationales Astronomenteam entdeckte eine sehr junge Galaxie.
Gravitationslinse MACS J1149.6+2223

Um unser Verständnis vom jungen Universum zu erweitern und zu vertiefen, suchen Astronomen nach weit entfernten Galaxien. Diese entstanden kurz nach dem Urknall und zeichnen den Anfang der Entwicklungsgeschichte des Weltalls nach. Nun entdeckte ein internationales Forscherteam in langbelichteten Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble eine stark rotverschobene Galaxie. Möglich wurde die Entdeckung nur durch einen massereichen Galaxienhaufen im Vordergrund, dessen Schwerkraft das Licht der entfernten Galaxie ablenkte, bündelte und so verstärkte. Nach den Messungen der Forscher sehen wir dieses Objekt nur 490 Millionen Jahre nach der Entstehung des Universums.

Hubble sieht junge Galaxie | Diese Bildausschnitte aus Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble zeigen die junge Galaxie MACS1149-JD1 in verschiedenen Spektralbereichen. Der grüne Kreis markiert die Position der Galaxie, die sich klar bei Wellenlängen von 1400 und 1600 Nanometern (F140W und F160W) erkennen lässt. Schwächere Bilder sind in den Ausschnitten F110W, F125W und bei einer Wellenlänge von 4,5 Mikrometern sichtbar. Der vergrößerte Ausschnitt (links) zeigt das durch die Gravitationslinse verzerrte Bild der Galaxie im Vergleich mit der aus einem Modell vorhergesagten Deformation (gelbe Linie).

Die Astronomen entdeckten die junge Galaxie mit dem Namen MACS1149-JD1 in den Beobachtungen des Galaxienhaufens MACS J1149.6+2223 mit dem Hubble-Teleskop. Der Galaxienhaufen befindet sich in einer Entfernung von 6,6 Milliarden Lichtjahren zur Erde, seine Massenverteilung macht ihn zu einer der stärksten bekannten Gravitationslinsen. Dieser Effekt ist eine Folge von Albert Einsteins Relativitätstheorie, nach der Licht der durch die Massen verursachten Raumkrümmung folgt. Große Massenansammlungen wie Galaxienhaufen können so das Licht weiter entfernter Objekte in Richtung der Erde bündeln und verstärken. Daher beobachten die Astronomen die Umgebung von 25 Galaxienhaufen mit dem Weltraumteleskop Hubble vom ultravioletten bis zum infraroten Licht.

Im Fall von MACS1149-JD1 verstärkte die Bündelung des Lichts durch die Gravitationslinse die Helligkeit der fernen Galaxie um einen Faktor 15; nur dank diesen Effekts konnten die Forscher die Galaxie entdecken. Sie ist nur am infraroten Ende des Spektrums sichtbar, ein erstes Zeichen für eine hohe Rotverschiebung und damit große Entfernung. Zusätzliche Aufnahmen mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer belegen eindeutig: Die Rotverschiebung hat den Rekordwert von z = 9,6. Dieser konnte nach Angaben der Wissenschaftler durch die Kombination der Hubble- und Spitzerdaten auch mit bisher unerreichter Genauigkeit bestimmt werden. Während es tausende Galaxien mit einer hohen Rotverschiebung von rund 6 gibt, war bisher war nur eine weitere Galaxie mit einer genau bestimmten Rotverschiebung von z = 8,6 bekannt. Ein weiteres bereits bekanntes Objekt könnte sogar eine Rotverschiebung von ungefähr z = 10 haben, doch konnten die Forscher diesen Wert bisher nur ungenau bestimmen Die Neuentdeckung stellt im Gegensatz dazu einen sicheren Anker in das junge Universum dar.

Damit sehen wir die Galaxie nur 490 Millionen Jahre nach dem Urknall, zu einer Zeit, als unser Universum gerade einmal 3,6 Prozent seines heutigen Alters hatte. Die Astronomen schätzen das Alter der Sterne in der Galaxie auf weniger als 200 Millionen Jahre. Die Gesamtmasse der Sterne beträgt weniger als ein Prozent derjenigen unseres Milchstraßensystems. Durch die Gravitationslinse sei die Galaxie so hell, dass das zukünftige James-Webb-Weltraumteleskop spektroskopische Untersuchungen durchführen könnte. Damit würde sich dann ein detaillierterer Blick auf die Vorgänge in dieser jungen Galaxie kurz nach dem Urknall eröffnen.

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