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Dopingaufklärung im Sport: Vermeintlich vertuschte Dopingstudie veröffentlicht

Ein Drittel aller WM-Leichtathleten dürfte gedopt haben, meinte ein Leak Jahre vor der offiziellen Veröffentlichung einer Dopingstudie. Aber wie kamen Forscher auf solche Werte? Und: Sind sie verlässlich?
Dopen zum Erfolg

Nach für den wissenschaftlichen Publikationsprozess ungewöhnlich langer Zeit haben nun Forscher um Rolf Ulrich von der Universität Tübingen und Kollegen eine Studie mit anonymen Athletenbefragungen über Doping veröffentlicht. Die Ergebnisse einer ursprünglich von der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in Auftrag gegebenen Untersuchung waren bereits 2013 und 2015 zum Teil bekannt geworden und hatten auch eine heftige Diskussion über mögliche Vertuschungspraktiken des Leichtathletik-Weltverband IAAF ausgelöst. Die gesamte Studie ist jetzt im Fachblatt "Sports Medicine" erschienen.

Die Wissenschaftler haben nach Wegen gesucht, Spitzensportler verlässlich und glaubhaft nach deren eigener Dopingpraxis zu befragen, ohne dass die Athleten dabei eine Enttarnung befürchten mussten. Für ihre Studie hatten die Wissenschaftler bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2011 im südkoreanischen Daegu und bei den Panarabischen Spielen 2011 in Doha mit ihrem Verfahren jeweils rund 1000 Athleten interviewt. Insgesamt etwa ein Drittel der Befragen gab dabei an, in den zwölf Monaten vor der Befragung verbotene Techniken zur Leistungssteigerung angewendet zu haben. Ein deutlich geringerer Anteil von Sportlern wurde und wird bei Dopingproben entlarvt, so dass die Wirksamkeit des Testsystems generell in Frage steht.

Methodischer Kern der Studie war die indirekte Fragetechnik, über die eine Anonymität der freiwilligen Teilnehmer auch bei Antworten auf sensible Fragen für diese erkennbar gewährleistet ist. Die Wissenschaftler haben bei der "randomisierten Antwortmethode" zudem mit eingestreuten unverfänglichen Fragen sichergestellt, dass die Verlässlichkeit aller Antworten mit statistischen Methoden eingeschätzt werden kann. Die Methode baut auf älteren Ansätzen auf, mit denen erkennbar ausweichende Antworten auf sensible Fragen entlarvt werden können, und ist in den letzten Jahren immer weiter verfeinert worden. So sind mehrfach in kleinerem Umfang, meist bei Onlinebefragungen mit ähnlichem methodischem Prozedere, auch deutsche Spitzensportler, Triathleten, Amateure oder Nachwuchsathleten anonym nach Doping befragt worden. Diese anonymisierten Befragungen erbrachten in vielen Fällen ebenfalls sehr hohe Anteile von nach eigener Angabe gedopten Sportlern.

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