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News: Völlig neue Krebsmedikamente im Test

Der deutsche Pharma- und Chemiekonzern Bayer will in vier Jahren eine völlig neue Wirkstoffklasse zur Behandlung bisher nur schlecht medikamentös therapierbarer Krebserkrankungen auf den Markt bringen. Es handelt sich dabei um Hemmstoffe für sogenannte Metallo-Matrixproteasen. Diese Enzyme lassen Krebszellen aus dem Primärtumor losbrechen und sich in Form von Tochtergeschwülsten ansiedeln. Bis jetzt gibt es noch keine solchen Arzneimittel auf dem Markt.
Unter den Produkten, die Bayer laut dem Pharma-Chef Prof. Dr. Horst Meyer unter anderem in der "Pipeline" bzw. knapp vor der Markteinführung hat, ist auch BAY-12-9566 zu finden. Völlig neue Behandlungsmöglichkeiten könnten sich hier für diese Substanz ergeben. Damit verwandte Stoffe sind auch schon im Test gegen die chronische Gelenksentzündung (Osteoarthritis). Dr. Wolfgang Hartwig, Pharma-Forschungsleiter des Konzerns: "Bei der Substanz handelt es sich um einen Hemmstoff für Metallo-Matrixproteasen. Deren Aufgabe als Schneidbrenner ist es, das Gewebe außerhalb von Zellen aufzulösen. Bei krankhaft erhöhten Blutspiegeln an diesen Enzymen kann das zu verschiedenen Krankheiten wie Krebs, Osteoarthritis, Leberfibrose und Multipler Sklerose führen."

Bei Krebs spielen die Enyzme eine besondere Rolle. Hartwig: "Mit Hilfe dieser Enzyme brechen Tumorzellen aus ihrem Ursprungsgewebe aus, lassen sich mit dem Blutstrom forttragen und setzen sich an anderen Stellen des Körpers fest." Daraus entstehen dann die sogenannten Metastasen, durch die Krebserkrankungen nicht mehr heilbar werden. "Wir haben Substanzen gefunden, die diese Metallo-Matrixproteasen sehr spezifisch hemmen. Wir stehen dabei bei Lungen- und Eierstockkrebs bereits in klinischen Untersuchungen an Patienten (Phase II, Dosisfindung an Kranken)."

Bei Versuchen mit Mäusen mit derartigem Eierstockkrebs – die Krankheit führt bei ihnen normalerweise bis zum 30. Tag zum Tod – überlebten bei einer Gabe von 20 Milligramm der Substanz pro Kilogramm Körpergewicht 50 Prozent der Tiere den Testzeitraum von 150 Tagen. Gab man den Tieren einmal zusätzlich das seit langem eingesetzte Zytostatikum Cisplatin, überlebten gar alle der krebskranken Labormäuse. Die Hemmung der Enzyme, mit denen Krebszellen auf todbringende "Wanderschaft" gehen, stellt neben neuen Substanzen zur Verhinderung der Blutversorgung von Tumoren eine Wirkprinzip dar, das es bisher noch nicht gab.

Doch die Entwicklung geht noch weiter: Ähnliche Metallo-Matrixproteasen sind auch für die Zerstörung des Gelenksknorpels bei den rheumatischen Gelenksentzündungen verantwortlich. Auch dagegen hat Bayer Substanzen in Entwicklung. Hartwig: "Bei Meerschweinchen, denen man den Meniskus teilweise entfernte, konnte mit einem solchen Enzym-Hemmer der Schaden am Knorpelgewebe verhindert werden." Auch hier laufen bereits Studien mit Patienten (Phase II).

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