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Biopolymere: Wäsche aus dem Schleimaalschleim rückt näher

Eine Sammlöung bunter Garnfäden auf Spulen

Wenn sich Schleimaale bedroht fühlen, sondern sie veritable Mengen an klebrigem Schleim ab, der die Fische schützen und Fressfeinde abschrecken soll. Lange schon haben Biotechnologen dieses Sekret ins Auge gefasst, um daraus biologisch abbaubare Kunststoffe etwa für Kleidung entwickeln zu können – besteht das Ausscheidungsprodukt doch aus zehntausenden Fäden, die sich technisch womöglich nutzen ließen. Nun ist es Atsuko Negishi von der kanadischen University of Guelph und ihre Kollegen gelungen, diese Biopolymere in reiner Form zu extrahieren und zu Fasern weiterzuentwickeln, die verarbeitet werden können.

Der Schleim besteht dabei vor allem aus Intermediärfilamenten – Stützproteine tierischer Zellen, die einen Durchmesser von rund 10 Nanometer aufweisen – und Mucin genannten Glykoproteinen. Diese Verbindung aus einer zentralen Proteinkette und angelagerten Zuckermolekülen hat eine hohe Wasserbindekapazität und verantwortet einen guten Teil der mechanischen Belastbarkeit des Stoffs. Sobald der Fisch aus speziellen Poren seine Schutzhülle ins Wasser pumpt, nehmen sie Wasser auf und quellen zu klebrigen Faserbündeln. Negishis Team hat dieses Material nun erstmals in eine wasserlösliche Form übergeführt und es dann auf die Oberfläche einer Salzlösung aufgetragen, wo die Forscher den gewünschten Stoff mit Hilfe einer Pinzette quasi abziehen konnten. Dadurch isolierten die Biotechnologen einzelne Proteinfasern, die sich schließlich miteinander verweben ließen, so dass ganze Faserstränge entstanden.

http://www.youtube.com/watch?v=pmaal7Hf0WA
© Vancouver Aquarium
Der Schleim des Schleimaals
Bei einem Angriff verteidigen sich die Schleimaale mit Hilfe ihres körpereigenen Schleims, der im Wasser nicht nur aufquillt, sondern auch übel schmeckt.

Die so erzeugten Fäden – die schon bei einer Mindestkonzentration von fünf Prozent an Intermediärfilamenten in der Lösung entstanden – glichen in ihren mechanischen Eigenschaften der geschätzten Spinnenseide: Sie waren mechanisch stark belastbar, gleichzeitig aber auch sehr flexibel. Im Gegensatz zu Spinnen, die nur mit großem Aufwand als "Seidenfabriken" benutzt werden können und allenfalls geringe Mengen produzieren, kann man den Schleim der Schleimaale relativ einfach in größeren Volumina gewinnen. Eine Art aus dem Atlantik beispielsweise produziert in seinen Drüsen innerhalb weniger Sekunden mehrere Liter Schleim, die sich anschließend weiterverarbeiten ließen. Doch auch dies wäre nur ein erster Schritt: Am Ende sollen möglichst die Gene für diesen Abwehrmechanismus auf Bakterien übertragen werden, die schließlich in industriellem Umfang produzieren. Langfristig ersetzten diese Biopolymere die heutigen Kunststoffe auf Erdölbasis, hoffen Negishi und Co: Auf Grund schwindender Ressourcen dürften Polymere wie Nylon oder Kevlar teurer werden, zudem lassen sie sich nur schlecht entsorgen.

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  • Quellen
Biomacromolecules 13, 3475, 2012

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