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News: Warme Farbe

Schmetterlinge sind wahrhaft schillernde Wesen. Einige Arten verwenden für die Gestaltung ihrer eindrucksvollen Flügel photonische Kristalle - ein Material, das der Mensch erst seit Kurzem nutzt. Aber manchmal ist es anscheinend besser, darauf zu verzichten.
Schmetterlingsflügelklein
Sobald ein Schmetterling aus dem Kokon schlüpft, tickt seine biologische Uhr. Der Drang für Nachkommenschaft zu sorgen, beherrscht nunmehr sein restliches Dasein. Dabei legen sich die Männchen oftmals ein schillernd buntes Flügelkleid zu - wohl auch, um auf das andere Geschlecht Eindruck zu machen.

Seltsam nur, dass die Männchen einiger in höheren Lagen beheimateten Arten der Schmetterlingsfamilie Lycaenidae – der Bläulinge – auf bunte Flügel verzichten. Diese kleiden sich genau wie die Weibchen in einem eher unscheinbaren warmen Braunton.

Der Frage nach der Farblosigkeit dieser Arten gingen László Biró und seine Kollegen von der Hungarian Academy of Sciences in Zusammenarbeit mit Forschern von der belgischen Facultés Universitaires Notre-Dame de la Paix näher auf den Grund. Sie untersuchten dabei die Flügel zweier unterschiedlich gefärbten Bläulingsmännchen der Art Polyommatus marcidus. Das blaue Exemplar entstammte einer Population aus niedrigen Lagen, das braune war in Höhenlagen über 2500 Meter beheimatet.

Das Rasterelektronenmikroskop offenbarte die Unterschiede der oberflächlich betrachtet ähnlich aussehenden Flügelschuppen: Das farbenprächtige Männchen wies winzige schwammartige Muster auf, welche natürliche photonische Kristalle bildeten, die – obwohl selbst farblos – nur bestimmte Farben reflektieren. Je nach Winkel, indem das Licht auf die Flügel fällt, können sich diese Farben leicht verändern, sodass beim Betrachter ein schillernder Eindruck entsteht. Und genau diese photonischen Kristalle fehlten dem braunen Männchen fast völlig. Offenbar kommt der Schmetterling ohne sie in höheren Lagen besser aus. Doch warum?

Die Forscher vermuteten einen Zusammenhang mit dem Wärmehaushalt der Insekten. Denn da Schmetterlinge, anders als Säugetiere, über kein internes Heizsystem verfügen, müssen sie in den Bergen jeden Morgen Sonnenlicht tanken, um so richtig in Schwung zu kommen.

Während dieser Zeit sind sie aber leichte Beute, weswegen die Aufwärmzeit möglichst kurz sein sollte. Dabei nehmen die Flügel aufgrund der riesigen Oberfläche eine herausragende Rolle ein.

Und tatsächlich: Biró und seine Kollegen fanden heraus, dass die Flügel des braunen Schmetterlingsmännchen etwa 30 bis 50 Prozent mehr Energie aus dem Sonnenlicht absorbieren können als die des bunten Verwandten. Und auch dafür sind die photonischen Kristalle verantwortlich.

Denn das reflektierte Licht, welches einerseits so hübsche Farbenspiele auf den Flügeln erzeugt, kann andererseits nicht mehr zum Aufwärmen verwendet werden. Dabei prallt vor allem blaues und UV-Licht ungenutzt an den Flügeln ab. Aber genau diese Anteile des Sonnenlichts sind im Gebirge besonders groß.

Für die Männchen der höheren Lagen ist es anscheinend wichtiger - so die These der Forscher -, mit wärmenden, aber unattraktiven braunen Flügeln auf die wenige Tage später schlüpfenden Weibchen zu warten, anstatt mit bunten Farbenspielen zu sehr auf sich aufmerksam zu machen – was ja auch tödlich ausgehen kann.

Doch was dem Schmetterling unter Umständen zum Nachteil gereicht, ließe sich für den Menschen positiv nutzen. Denn da photonische Kristalle stabil und gleichzeitig leicht und flexibel genug sind, um sich in Stoffe integrieren zu lassen, wäre es zum Beispiel denkbar, dieses Material als Wärmeschutz unter extremen Bedingungen wie in der Wüste oder im Weltraum zu nutzen.

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