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Zu lautes Krähen: Warum Hähne von ihrem Krähen nicht taub werden

Wenn ein Hahn kräht, ist es, als würde man ihm mit einer Vuvuzela direkt ins Ohr tröten. Warum die Tiere trotzdem nicht taub werden, wollen Forscher nun entdeckt haben.
Krähender Hahn

Wenn Hähne krähen, kann das nicht nur für Langschläfer zum Problem werden, sondern auch für jedes andere Wesen mit Ohren, insbesondere den Hahn selbst: Die Tiere erreichen, das belegen nun Messungen belgischer Forscher, mit ihren Rufen extreme Lautstärken, vergleichbar einem Düsenflugzeug in ein paar Meter Entfernung. Wir Menschen würden binnen weniger Sekunden dauerhaften Hörverlust erleiden, die Hähne aber tolerieren ihren eigenen Lärm ohne größere Schäden. Wie ist das möglich?

Ein Team um Raf Claes von der Universität von Antwerpen ist dieser Frage jetzt empirisch nachgegangen. Die Wissenschaftler befestigten zunächst Mikrofone direkt am Kopf von drei Versuchshähnen und ermittelten den maximalen Schalldruckpegel während des morgendlichen Kikerikis: Direkt am Eingang des Gehörgangs erreichten zwei der Tiere über 140 Dezibel, eines kam auf immerhin 136 Dezibel. Beide Werte liegen tatsächlich deutlich jenseits der Schwelle von 120 Dezibel, ab der es bei Mensch wie Vogel schon nach kurzer Einwirkzeit zu dauerhafter Schädigung der feinen Haarzellen im Innenohr kommen kann.

Eine hochauflösende Computertomografie des Kopfs eines Hahns lieferte schließlich den entscheidenden Hinweis darauf, wie sich der Vogel vermutlich vor Hörschäden schützt. Öffnet er nämlich seinen Schnabel, wie beim Krähen unvermeidlich, dichtet ein spezieller Teil seines Kiefers den Gehörgang ab, so dass er auf rund einem Viertel seiner Länge blockiert ist. Zudem legt sich das Gewebe auf große Teile des Trommelfells. Der Effekt sei vergleichbar mit maßangefertigten Ohrstöpseln, die beim Menschen den Schalldruckpegel um mehrere zehn Dezibel verringern könnten, so die Forscher. Um welchen Betrag der Schutzmechanismus beim Hahn die Schallwirkung reduziert, haben sie allerdings nicht direkt gemessen.

Mit der Akustik des Krähens beschäftigt sich das Team schon länger. Bei früheren Untersuchungen hatte es bereits andere anatomische Schutzvorrichtungen entdeckt. Beispielsweise verringert das Öffnen des Schnabels automatisch die Spannung des Trommelfells und reduziert damit die Schallübertragung. Bestimmte Frequenzen werden vermutlich auch durch die Aktivität eines Muskels im Bereich des Innenohrs gedämpft. Die Messungen hatten jedoch gezeigt, dass diese weiteren Mechanismen für sich genommen nicht ausreichen würden, schreiben die Belgier nun in ihrer aktuellen Studie im Journal "Zoology".

Wenn Hennen ihren Schnabel öffnen, verschließt sich der Gehörgang übrigens nur teilweise, entdeckten die Wissenschaftler. Aus evolutionärer Sicht sei das kein Wunder, denn die weiblichen Tiere geben wesentlich leisere Laute von sich. Hier besteht also keinerlei Notwendigkeit für einen Schutzmechanismus. Auch den Lärm ihrer Männchen brauchen sie in aller Regel nicht zu fürchten: Schon in einem halben Meter Entfernung fällt deren maximaler Schalldruckpegel auf rund 100 Dezibel ab – was ungefähr der Lautstärke in einer Disko entspricht. Das ist vermutlich immer noch nicht angenehm, aber für die Hennen gesundheitlich unbedenklich. Und sollten sie doch einmal ganz ungünstig gestanden haben, als ihr Hahn loslegte, wird der Schaden im Ohr nicht von Dauer sein, erläutern die Forscher: Die Haarzellen im Innenohr regenerieren sich bei Vögeln binnen vier bis fünf Tagen.

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