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Anthropologie: Warum Neandertalermann und Menschenfrau zusammen schlecht konnten

Mensch und Neandertaler ließen sich während ihrer gemeinsamen Zeit miteinander ein. Aber richtig fruchtbar war nur die Verbindung von männlichem Homo sapiens und Neandertalerfrau.
Neandertaler

Mensch und Neandertaler lebten in Europa und Asien nicht nur zeitweilig nebeneinander, sondern hatten gleichzeitig auch fruchtbaren Sex. Davon zeugen Überbleibsel des Neandertalergenoms in unserem Erbgut. Richtig fruchtbar war allerdings wohl nur die Liaison zwischen männlichem Homo sapiens und weiblichem Homo neanderthalensis, während die umgekehrte Geschlechterverteilung Schwierigkeiten hatte, Nachwuchs zu zeugen. Zu diesem Schluss kommen Fernando Mendez von der Stanford University und seine Kollegen nach einer ausführlichen Analyse der DNA des Y-Chromosoms eines Neandertalermannes, der vor rund 50 000 Jahren im spanischen El Sidrón gelebt hat. Moderne Menschen weisen etwa ein bis drei Prozent Neandertalergene in ihrem Erbgut auf, doch findet sich nichts davon auf unserem Y-Chromosom, was die Studie erneut bestätigt. Das Y-Chromosom wird ausschließlich von Vater zu Sohn weitergegeben.

Die Auswertung lege nahe, dass Neandertalermänner und Menschenfrauen nicht völlig kompatibel miteinander waren und entsprechend keinen fruchtbaren männlichen Nachwuchs zeugen konnten. Zudem hatten die Neandertaler am Ende ihrer Existenz womöglich nur Spermien schlechter Qualität oder produzierten keine ausreichenden Mengen mehr, um sich artübergreifend fortzupflanzen. Der El-Sidrón-Mann könnte den Grund hierfür liefern: Er wies Mutationen in drei Immungenen auf – darunter auch bei einem, das Antigene produziert, die wiederum Immunreaktionen bei schwangeren Frauen auslösen. In der Folge stoßen diese Frauen männliche Föten mit einer solchen Genausstattung ab oder erleben Fehlgeburten, weswegen allenfalls sehr wenige männliche Nachkommen aus dieser Verbindung hervorgingen. Womöglich beschleunigten diese Mutationen auch den Niedergang der Neandertaler allgemein, so die Forscher: Ähnliche Mutationen im Erbgut heutiger moderner Menschen sorgen vermutlich auch dafür, dass die Organe von Männern bei einer Transplantation vom weiblichen Körper abgestoßen werden.

Anm. d. Red.: Ursprünglich hieß es im Artikel, dass Neandertalermänner und Menschenfrauen keinen lebensfähigen Nachwuchs zeugen konnten. Das betraf aber womöglich nur männliche Nachkommen. Wir haben den Text entsprechend geändert.

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