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Stoffwechselphysiologie: Warum Sport vor Depressionen schützen könnte

Ein körperlich aktives Leben schützt offenbar vor Depression - warum, ist unklar. Ist ein Hormon entscheidend, das auch bei Fettleibigkeit auffällt?
Fitness auf dem Laufband

Seit Langem ahnen Mediziner, dass regelmäßige sportliche Betätigung vor Depressionen schützen kann. Das bestätigte nun auch wieder eine Fragebogenstudie aus Großbritannien, für die 17 000 Teilnehmer seit Jahrzehnten in regelmäßigen Abständen über ihre Lebensumstände Auskunft geben: Personen, die sich viel bewegten, klagten dabei tatsächlich signifikant seltener über depressive Symptome. Rein rechnerisch sank der Auswertung zufolge das Risiko für die Probanden um 16 Prozent, wenn sie dreimal pro Woche Sport trieben, fassen Forscher zusammen [1].

Trotz einer soliden Datenbasis ist ein kausaler Zusammenhang durch solche statistische Korrelationen aber nicht nachzuweisen – theoretisch ist etwa auch denkbar, dass ohnehin depressiv veranlagte Menschen sich auch weniger bewegten, was ein ähnliches Untersuchungsergebnis zur Folge hätte. Forscher suchen daher weiter nach einem handfesten physiologischen Zusammenhang zwischen Sport und Depression. Dabei müssen sie, für eine genaue Untersuchung von zu Grunde liegenden Körpervorgängen, allerdings zumeist auf Experimente mit Mäusen zurückgreifen, die depressionsähnliches Verhalten zeigen.

Eine solche Studie haben nun Wissenschaftler veröffentlicht, die das Stoffwechselhormon Adiponectin (ADN) als mit entscheidenden Einflussfaktor im Körper ausmachen [2].

ADN wird von Fettzellen ausgeschüttet, ist als zentraler Schalter bei schweren Stoffwechselstörungen wie dem metabolischen Syndrom bekannt und bewirkt in gesunden Menschen unter anderem eine stärkere Reaktion des Gewebes auf Insulin – es wirkt also zum Beispiel blutzuckerspiegelsenkend. Zudem wird es, auch bei Mäusen, bei körperlicher Aktivität vermehrt ausgeschüttet. Nun zeigen die Wissenschaftler, wie das beim Sport freigesetzte Hormon im Hirn der Tiere wirkt: Es sorgt für eine verstärkte Neurogenese – also Neubildung von Neuronen im Hippocampus – und für ein nachweisbar weniger drastisch ausgeprägtes depressives Verhaltensmuster bei solchen Versuchstieren, die aktiver waren. Gentechnisch veränderte Tieren ohne ADN profitierten im Gegensatz dazu nicht durch mehr Aktivität.

Womöglich könnte die Ausschüttung des Hormons also ein wichtiges Bindeglied zwischen körperlicher Aktivität und pathologischen Veränderungen im Gehirn sein. Eine neue Behandlungsoption für depressive Menschen dürfte aus dieser Beobachtung allerdings in der Praxis vorerst nicht resultieren: Das Hormon hat einfach zu unterschiedliche und vielfältige Wirkungen, die noch nicht alle verstanden sind.

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