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Attraktivitätsforschung: Warum uns die Liebsten auch die Schönsten sind

Schönheit - so sagt man - liegt im Auge des Betrachters. Anscheinend ist unsere Vorstellung davon, was attraktiv ist, nicht angeboren, sondern verändert sich im Laufe des Lebens auf Grund von Erfahrungen. Welche Prozesse dabei genau eine Rolle spielen ist jedoch umstritten.
Gesicht in der Attraktivitätsforschung
Bei manchen Paaren fragen sich viele, was genau die zwei eigentlich aneinander finden. Beispiel Prince Charles und Camilla: Keiner von ihnen entspricht dem gängigen Schönheitsideal. Vielleicht sind es allein die inneren Werte, die für die beiden zählen. Vielleicht jedoch kennen sie sich schon lange genug. Denn – so viel steht schon lange fest – je öfter man ein bestimmtes Gesicht sieht, um so attraktiver erscheint es.

Das gilt nicht nur für Gesichter, sondern auch generell für einzelne Merkmale. So führt das Betrachten mehrerer Personen mit dem gleichen Gesichtsausdruck dazu, dass anschließend dieser als besonders schön angesehen wird. Wissenschaftler streiten sich jedoch darüber, ob dieser Effekt sich auf die Bewertung aller Menschen auswirkt, oder nur auf Personen des Geschlechts beschränkt ist, das wiederholt präsentiert wurde. Letzteres wäre ein Indiz dafür, dass im Gehirn verschiedene Neuronengruppen die Verarbeitung männlicher und weiblicher Züge übernehmen.

Gesichter | Gesichter, die sich hinsichtlich des des Augenabstands (oben) und der Individualität (unten; links: durchschnittlich; rechts: individuell) unterscheiden
Um herauszufinden, welche Annahme zutrifft, zeigte eine Forschergruppe um Anthony Little von der Universität Liverpool in drei Experimenten ihren Probanden Bilder von Gesichtern, die sich hinsichtlich des Geschlechts der Abgebildeten und jeweils eines charakteristischen Merkmals unterschieden. Bei einer der Untersuchungen handelte es sich bei dem Merkmal um entweder sehr individuelle oder eher durchschnittliche Züge. In den anderen beiden variierten die Wissenschaftler den Augenabstand beziehungsweise die Maskulinität der Gesichter. Jeder Versuchsteilnehmer bekam zunächst nur Bilder von Personen eines Geschlechts zu sehen, die alle das gleiche durch elektronische Bildbearbeitung in die Bilder retuschierte Merkmal aufwiesen.

Gesichter | Gesichter, die sich hinsichtlich der Maskulinität der Gesichtszüge unterscheiden (links: feminin; rechts: maskulin)
Nach dieser Gewöhnungsphase ließen die Forscher ihre Probanden zwischen je zwei männlichen oder zwei weiblichen Gesichtern wählen, welches sie als attraktiver empfänden. Von den zwei Bildern enthielt je eines das im ersten Teil des Versuchs präsentierte Merkmal.

Und tatsächlich zeigten sich geschlechtsspezifische Unterschiede: Hatten die Teilnehmer beispielsweise im ersten Versuchsteil Männer mit besonders individuellen Gesichtszügen gesehen, bewerteten sie solche Männergesichter nun als attraktiver gegenüber eher durchschnittlichen; bei der Wahl zwischen zwei weiblichen Gesichtern wirkte sich das Ausmaß an Individualität dagegen nicht aus. Entsprechend bevorzugten Probanden, die zunächst Frauen betrachtet hatten, nur bei Frauen das Charakteristikum aus dem ersten Versuchsteil, bei Männern machten sie dagegen keinen Unterschied. Das gleiche Bild ergab sich, wenn statt der Individualität die Maskulinität beziehungsweise der Augenabstand variiert worden war.

Die Ergebnisse belegen, dass bei der wiederholten Präsentation eines Gesichts nicht nur dessen Attraktivität im Auge des Betrachters steigt, sondern auch die wahrgenommene Schönheit aller Personen desselben Geschlechts, welche dieselben Merkmale aufweisen. Mit anderen Worten: Während die Ohren beim Urteil über andere Frauen eher keine Rolle spielen dürften, ist anzunehmen, dass Camilla auf Grund ihrer langen Bekanntschaft mit ihrem Ehemann nicht nur diesen besonders schön findet, sondern auch alle anderen Männer mit ausgeprägten Schalltrichtern.

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