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Materialwissenschaft: Wasserhahneffekt produziert vielseitige Nanopartikel

Wassertropfen

Ob in der Kosmetik, in der Medizin oder in der Materialwissenschaft – Nanopartikel kommen inzwischen in vielen Bereichen zum Einsatz. Daher suchen Forscher nach effizienten Syntheseverfahren, mit denen sich einheitliche und maßgeschneiderte Partikel herstellen lassen. Genau das präsentieren nun Joshua Kaufman von der University of Central Florida in Orlando und seine Kollegen. Mit ihrer neuen Technik produzieren sie sowohl einfache als auch komplex strukturierte Kugeln mit Größen im Nanometer- bis hin zum Millimeterbereich. Durch diese enorme Bandbreite seien die erzeugten Partikel vielseitig einsetzbar.

Kugeln in ihrer Hülle | Zunächst sind die Kugeln noch von der Hülle umgeben, die anfangs den Kern des Stabs umgab (oben). Mit einem fokussierten Ionenstrahl lassen sich die winzigen Partikel aber freilegen, wie im unteren Bild zu sehen.

Bei ihrer Methode machen sich die Wissenschaftler einen Effekt zu Nutze, der sich auch an jedem Wasserhahn beobachten lässt: Durch die so genannte Plateau-Rayleigh-Instabilität trennt sich unter anderem ein versiegender Wasserstrahl – oder allgemeiner ein zylinderförmiger Körper – in einzelne Tropfen beziehungsweise Teile auf, um so seine Oberfläche zu minimieren. Kaufman und sein Team stellten deshalb in ihren Experimenten zunächst einen zentimeterdicken Stab her, in dem das Material, aus dem später die Kugeln entstehen sollen, den Kern und ein Polymergerüst die Hülle bildet.

Dann erhitzten sie den Stab und zogen ihn in die Länge, bis der Kern den gewünschten Partikeldurchmesser erreichte. Anschließend bearbeiteten sie die inzwischen dünne Faser derart, dass die Instabilität im Kern ausgelöst wurde und sich die Faser in gleich große, kugelförmige Tröpfchen aufteilte. Durch Abkühlen erstarrten die winzigen Kugeln an Ort und Stelle, eingeschlossen vom Hüllenmaterial. Letzteres lässt sich bei Bedarf entfernen, berichten die Wissenschaftler, und die Kügelchen so in gewünschter Menge freisetzen.

Die so produzierten Kugeln sind alle gleich groß, wobei sich der Durchmesser über fünf Größenordnungen einstellen lässt – von zwei Millimetern bis hinab zu 20 Nanometern. Indem Kaufman und seine Kollegen den Faserkern aus mehreren Materialien fertigten, stellten sie auch Kugeln mit vielschichtigen Strukturen her, wie beispielsweise Partikel mit einem Polymerkern und einer Hülle aus Glas. Aber auch Januspartikel, deren Halbkugeln aus zwei unterschiedlichen optischen Gläsern bestehen, konnten sie synthetisieren. Ebenso wie so genannte "Beachball-Partikel", die sechs Segmente aus verschiedenen Materialien enthalten. Denkbar seien sogar noch komplexere Geometrien, schreiben die Autoren, wenn man den Kern entsprechend strukturiere.

Allerdings lassen sich nicht alle Materialien mit der Methode verarbeiten. So sind chemisch reaktive oder mit der Hitze unverträgliche Stoffe, die beispielsweise ihren Aggregatzustand verändern, ungeeignet. Die Forscher hoffen aber, die Palette in Zukunft noch erweitern zu können. Theoretisch ließen sich mit der Technik kilometerlange Fasern in wenigen Stunden produzieren, deren Kern sich möglicherweise vollständig in Nanopartikel umwandeln ließe, so die Forscher um Kaufman. Jeder Meter enthielte dabei bis zu 1014 Partikel mit einem Durchmesser von 100 Nanometern.

Mögliche Einsatzfelder für ihre Kügelchen sehen die Wissenschaftler zum Beispiel in optischen und akustischen Metamaterialien, in empfindlichen Nachweisgeräten von chemischen Stoffen und Krankheitserregern oder als Transportcontainer für Medikamente im menschlichen Körper.

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  • Quellen
Nature 10.1038/nature11215, 2012

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