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News: Watscheln spart Energie

Viel Spott müssen sie ertragen, nur weil ihr Watschelgang etwas unbeholfen wirkt. Pinguine sind eben für das Wasser geschaffen. Doch ihr Energieverbrauch an Land sieht gar nicht so schlecht aus: Der plump wirkende Pinguinmarsch erweist sich als energetisch besonders effektive Art, sich auf kurzen Beinen fortzubewegen.
Der Körper eines Pinguins ist ein Wunder der Natur. Extrem stromlinienförmig gebaut, schießt er wie ein Torpedo durch das Wasser. An dieses Milieu sind die Vögel hervorragend angepasst. Diese Anpassung geht jedoch auf Kosten ihres Land- und Luftlebens. Fliegen können sie gar nicht, und ihre Fortbewegung an Land erscheint plump und unbeholfen. Beim Laufen verbrauchen sie doppelt so viel Energie als andere Tiere des gleichen Körpergewichtes. Doch warum watscheln die Vögel eigentlich so schwerfällig hin und her?

Diese Frage stellten sich auch Timothy Griffin von der University of California in Berkeley und Rodger Kram von University of Colorado in Boulder. Hierfür nahmen sie sich die größte Art vor, den etwa einen Meter großen und über 20 Kilogramm schweren Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri). Die Tiere watscheln normalerweise mit einer Geschwindigkeit von einem halben Meter pro Sekunde über das antarktische Eis. Griffin und Kram setzten jeweils fünf Pinguine auf eine Kraft-Plattform – eine Art Badezimmerwaage –, welche die Vorwärts- und Seitenkräfte zusätzlich zur Gewichtskraft der laufenden Tiere misst (Nature vom 21. Dezember 2000).

Zur Überraschung der Forscher erwies sich der Pinguingang energetisch als verhältnismäßig effektiv. "Wir glaubten, dass die Pinguine Energie verschwenden, wenn sie hin und her schaukeln mit ihren unbeholfenen, stehaufmännchenartigen Vor- und Zurückbewegungen", erzählt Kram. Und sein Kollege Griffin ergänzt: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Laufen für die Pinguine nicht wegen ihres Watschelns aufwendig ist, sondern weil sie so kurze Beine haben, sodass ihre Beinmuskulatur beim Laufen sehr schnell Kraft erzeugen muss." Die Pinguine, die ihre kurzen Beine ja vorwiegend als Steuerruder beim Schwimmen und Tauchen benutzen, machen aus ihrer Not eine Tugend. Ihr Watschelgang funktioniert wie ein Pendel: Der Körper schwingt hin und her und verwandelt so ständig kinetische Energie in potenzielle und umgekehrt. Die Tiere wandeln dabei die Energie erstaunlich effektiv um. "Wir waren wirklich sehr überrascht, als wir einen hohen Wirkungsgrad von bis zu 80 Prozent bei manchen Pinguinen fanden", erläutert Griffin. Beim Menschen beträgt dieser energetische Wirkungsgrad nur etwa 65 Prozent – 35 Prozent gehen verloren.

Die Wissenschaftler denken bei ihren Ergebnissen nicht nur an die gar nicht so plumpen Vögel. "Unsere Erkenntnisse über Pinguine erlauben neue Einsichten über die Gangmechanik von Menschen mit gesteigerten Seitenbewegungen, wie schwangere Frauen oder übergewichtige Personen", meint Griffin. "Das könnte zu besserem Verständnis, Beurteilung und Behandlung von Personen mit Gehbehinderung führen."

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