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Islamistischer Terrorismus: Wege aus der Rekrutierungsfalle

Wie schaffen es junge, frisch angeheuerte zukünftige Islamisten, alles jenseits ihrer eigenen Realität auszublenden? Was kann sie noch bremsen auf dem Kurs in den radikalen Fanatismus? Eine psychologische Eingreiftruppe berichtet aus der Praxis gezielter Derekrutierung in Frankreich.
Nie mehr Terrorismus

Mériams Ehemann ist nach Syrien in den Dschihad gezogen und hat ihre kleine Tochter mitgenommen. Wir schreiben das Jahr 2013. Die ratlose junge Frau erhält Nachrichten per SMS, in denen ihr Mann erklärt, dass er mit dem Kind sterben möchte, als Märtyrer.

Als sie sich an unser Entrekrutierungsteam wendet, begreifen wir sofort, dass die Lage kritisch ist. Jetzt müssen wir umsichtig handeln, nach klaren Verhaltensregeln: Die Frau darf dem Exmann nicht argumentativ gegenübertreten oder seine Ideologie und Absichten in Frage stellen. Sie muss Erinnerungen wachrufen: Mit ihm über den Tag sprechen, an dem sie sich kennen gelernt haben, über die Geburt der Tochter, über die Orte, die sie gemeinsam besucht haben.

Zehn Monate lang erhält sie keine Antwort. Bis er dann, schwer zu sagen, warum, auf einmal reagiert. Dass er sich erinnert. Daran, dass sie ausgegangen sind, dass sie als verliebtes Paar im Restaurant gewesen sind, dass sie einen Moment des Friedens erlebt haben. Er hat also noch Erinnerungen, seine Gefühlswelt ist noch nicht ganz tot.

Der Fall des Ehemanns von Mériam illustriert eine grundlegende Regel für die Entrekrutierung: Es gibt keinen Weg mehr für die Vernunft, man muss zunächst auf der Ebene der Emotionen handeln. Leichter gesagt als getan! Denn als Mériam seine ermutigenden Zeilen las, hatte sie nur noch einen Wunsch: ihrem Partner zu sagen, dass sein Plan unsinnig ist, dass er das endlich begriffen hat und dass er so schnell wie möglich nach Hause kommen soll. Wir haben sie davon abgebracht. Ein Satz in diese Richtung könnte die Arbeit von Monaten zunichtemachen.

Darin liegt die größte Schwierigkeit. Für die Angehörigen der Opfer müssen wir ein Rettungsanker bleiben, indem wir stetig die Erinnerung an frühere Gemeinsamkeiten wiederbeleben, aber dabei auch erinnern, dass der Betroffene große Teile seiner Menschlichkeit verloren hat und dass es Zeit braucht, bis er in ein normales Leben zurückkehren kann.

Aber wie ist dieser junge Mensch überhaupt an diesen Punkt gekommen? Um zu verstehen, wie eine Entrekrutierung möglich sein könnte, ist es unerlässlich, sich zunächst genauer mit dem Prozess der Rekrutierung zu beschäftigen. Man muss sich ansehen, wie sich der Betroffene von seinem angestammten Umfeld losgerissen hat, um ein Steinchen im Mosaik des Fanatismus zu werden.

Die Radikalisierungsmaschine

Unser Einblick in den Prozess der Rekrutierung beruht auf Einzel- und Gruppengesprächen mit etwa 500 Familien, denen auf diese Weise ein junger Angehöriger genommen wurde. Wenn wir den Inhalt der Gespräche vergleichen, stoßen wir auf sehr verschiedene Profile – vom Jugendlichen, der in der Schule scheitert, bis hin zum Klassenbesten am Elitegymnasium Janson de Sailly im 16. Arrondissement von Paris. Das Phänomen betrifft muslimische Familien ebenso wie christliche – und zu drei Prozent sogar jüdische –, die Mehrheit der Familien ist jedoch atheistisch. In 50 Prozent der Fälle gab es in den Familien über die letzten zehn Generationen keine Migration. Letzter bemerkenswerter Punkt: Nur 30 Prozent der Familien, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen, stammen aus der Unterschicht. Familien aus der Mittelschicht fällt es leichter, bei uns anzurufen, um ihr Kind zu retten, sie haben mehr Vertrauen in staatliche Einrichtungen. Angehörige aus der Unterschicht sind unsicher und machen sich vermutlich Sorgen, was mit dem Jugendlichen passieren könnte, wenn sie die Behörden verständigen.

Auch wenn die Fälle untereinander sehr verschieden sind, ist der Weg der Rekrutierung mehr oder weniger derselbe. Er läuft genauer gesagt in vier Etappen ab.

Die erste Etappe besteht darin, das Individuum von seinem sozialen Umfeld abzuspalten. Die Methode ist dabei immer dieselbe: Der Rekrutierungsdiskurs überzeugt den jungen Menschen – meistens über das Internet –, dass er in einer Welt lebt, in der ihn die Erwachsenen und die Gesellschaft belügen. Und zwar über alles: über Medikamente, über Impfungen, Ernährung, Politik und Geschichte. In diesem Diskurs vermischen sich zutreffende gesellschaftspolitische Tatsachen mit Unwahrheiten. Diese erste Etappe stürzt die Zielperson in tiefen Zweifel über sein gesamtes Umfeld.

Der Jugendliche wird von seiner Familie entfernt

Man legt dem Jugendlichen dar, dass die Lügen von Geheimgesellschaften stammen, die gerade "den Planeten kaufen". Die häufigsten Referenzen sind der Zionismus, der Geheimbund der Illuminati oder die Freimaurer.

Dollarnote mit vermeintlichem "Illuminati"-Siegel | "Die ganze Welt lügt dich an", sagen die Rekrutierer im Internet. "Der Planet ist in den Händen von Geheimgesellschaften (Illuminati, Freimaurer, Zionisten), und wenn du diese Ordnung umstürzen willst, musst du dich uns anschließen." Vermeintliche Belege erkennen die Verschwörer überall, so auch auf der Ein-Dollar-Note mit dem "allsehenden Auge", dem Siegel der Vereinigten Staaten. Historisch gibt es keinen Beleg dafür, dass dieses mit dem Illuminatenorden in Verbindung steht.

Der Jugendliche legt sich eine spezielle Haltung zu. In der Geborgenheit seines Zimmers surft er von einem Youtube-Link zum nächsten, umgeben von einer Welt, die er gerne ablehnen möchte. Mitten in der Adoleszenz geht er von der Logik der Ablehnung weiter zu dem Wunsch, dieser Welt, in der er niemandem vertrauen kann, den Rücken zu kehren. Raffiniert beziehen sich die Webseiten der Rekrutierer auf das Kino, zum Beispiel auf den Film "Matrix", in dem sich der Held Neo fragt, ob er die Pille nehmen soll, die ihn aufwachen und hinter die Kulissen sehen lässt, oder ob er lieber weiterschlafen soll.

Das Ergebnis lässt nicht lange auf sich warten. Der junge Mensch hört sehr schnell auf, sich mit seinen Freunden zu treffen – er hält sie für Blinde, die nicht in der Lage sind, die Wahrheit zu erkennen. Er gibt seine Freizeitaktivitäten auf, weil sie ihn daran hindern, die "Revolution" voranzubringen. Er bricht auch die Schule ab – die Lehrer werden ja nur bezahlt, um aus ihm einen folgsamen Untertanen zu machen, und hindern ihn daran, der omnipräsenten Lüge ins Auge zu sehen. Zuletzt ist die Familie an der Reihe. Wenn die Eltern anderer Meinung sind, dann sind auch sie blind, eingeschlafen – oder schlimmer noch: vom System gekauft.

Die Zerstörung des Individuums

Die zweite Etappe im Prozess der Rekrutierung beruht auf der Idee, dass allein die Auseinandersetzung mit dieser pervertierten Welt den Jugendlichen erneuern kann. Dass allein der wahre Islam in der Lage ist, die Erneuerung und das Erwachen hervorzurufen, ist eine Schlüsselvorstellung der Rekrutierung. Der Jugendliche empfängt die klare Botschaft, dass er zum erlauchten Kreis jener gehört, die Einsicht erlangen. Hier wird die Vorstellung der Gruppe wichtig, der er sich anpassen wird. Er legt sich Deckhaltungen zu und schlüpft in eine Uniform, die seine Individualität und seinen eigenen Kleidungsstil auslöschen, um ihn in einer gemeinsamen Identität zu verwurzeln.

Der mittelfristige Effekt liegt darin, die Erinnerungen einer Zielperson, ihr Herz, ihre Erinnerungsspuren und Familienbindungen aufzulösen. Von nun an kann man sagen, dass die Gruppe an Stelle des Jugendlichen denkt. Wenn man versucht, ihn in eine Gesprächsgruppe zu bringen, stellt man fest, dass es einfach unmöglich ist, mit ihm zu diskutieren. Er antwortet nur noch mit aus dem Kontext gerissenen Worten des Propheten, die er in einer Endlosschleife wiederholt, wie ein Wesen, das an seiner Stelle denkt.

Entmenschlichung

In der dritten Etappe teilt der junge Rekrutierte die Glaubenssätze der radikalen Ideologie. Er ist jetzt davon überzeugt, auserwählt zu sein, da er in eine Gemeinschaft aufgenommen wurde, die im Besitz der Wahrheit ist. Das Konzept der Reinheit und der Vorrangstellung dieser Gruppe hat jetzt sehr viel Macht. Es schreibt vor, dass alle, die nicht wie die Gruppe denken, nicht mit ihr in Verbindung stehen dürfen.

Phasen der Radikalisierung

Die logische Konsequenz dieser Sichtweise ist die vierte und letzte Etappe – die Entmenschlichung. Eine Entmenschlichung der eigenen Person wie auch der anderen. Zuerst der anderen, weil die Gruppe eine Vorrangstellung hat: Alle, die nicht dem Weg des Erwachens und der Erneuerung folgen, sind in Wirklichkeit keine menschlichen Wesen – sie zu töten, ist kein Verbrechen, sondern sogar Pflicht. Dann auch eine Entmenschlichung der eigenen Person, weil das Denken der Gruppe das Denken des Individuums ebenso ersetzt wie seine Emotionen.

Selbst zwischenmenschliche affektive Bindungen existieren nur durch die Gruppe. Das bezeugt eine Frau, die wir "rehumanisieren" wollten, indem wir ihre Bindung an ihren Ehemann wiederzubeleben versuchten. Ein schmerzhafter Fehlschlag – das Team musste erkennen, dass sie ihrem Mann nur deshalb gewogen war, weil er sich vorgenommen hatte, für "die Sache" zu sterben. Übrig war kein Paar, kein Individuum – sondern allein die Gruppe und die Ideologie.

Hinzu kommen schließlich noch die Akte der Grausamkeit und ihre Banalisierung (sichtbar etwa im schwarzen Humor im Bezug auf Enthauptungen) – bis jeder Begriff von Menschlichkeit abgetötet ist.

Aus der Hölle aussteigen

Wenn der Diskurs der Rekrutierung das Opfer packt und von seiner Umgebung isoliert, wenn es sich gerade verabschiedet oder schon verabschiedet hat – wie stehen dann die Chancen, es zu bewegen, mit seiner Vergangenheit und Familie erneut Kontakt aufzunehmen und Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln?

Der Weg des Ausstiegs beginnt mit dem wesentlichen Schritt, die Bindung zwischen dem Opfer und seiner Familie wiederherzustellen. Es geht darum, die Erinnerungen an diese Beziehung wiederzubeleben. Das Problem ist, dass sie zum großen Teil aufgelöst oder zerstört sind; wenn die Familie uns kontaktiert, ist der Bruch normalerweise schon vollständig vollzogen. Da der Jugendliche seine Eltern nicht mehr als solche ansieht, ist geduldige, subtile Arbeit gefragt, um eine emotionale Verbundenheit wieder hervorzurufen.

Etappen der Entrekrutierung

Zum Glück bewahrt das menschliche Gehirn stets winzige Spuren vergangener Empfindungen auf. In unerwarteten Momenten können sie abgerufen werden – ganz so, wie es Marcel Proust in der bekannten Madeleine-Episode in "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" treffend beschrieben hat. Um diese Augenblicke vorzubereiten, müssen die Eltern über Prägendes im Leben ihres Kindes nachdenken und sich fragen, wie das Kind die Zeit erlebt hat, in der es in einer familiären Bindung mit ihnen stand.

Durch diese Phase müssen die Eltern, auf sich allein gestellt. Der radikale Diskurs hat Schäden hervorgerufen, die man sich nur schwer vorstellen kann. Einige Jugendliche zerstören alle Fotografien im Haus (wie der radikale Diskurs es vorschreibt), schlagen die Fernsehbildschirme ein (Kanäle für die Ideologie der Illuminati) oder weigern sich zu essen, weil in den Nahrungsmitteln Schweinegelatine enthalten ist. Der einzige Zugang zu ihrem Gefühlsleben besteht in Spuren der Vergangenheit. Das kann ein Kindheitsfoto sein, das man vergrößert und im Haus herumliegen lässt – während man darauf wartet, was es hervorruft. Oft sind die Resultate überraschend. Wenn man sehr geduldig ist (monatelang darf man nicht auf dem Gebiet der Vernunft operieren), dann kann diese Arbeit allmählich Früchte tragen. Diskret "resensibilisiert" kann sich der Jugendliche nun – widerwillig und unter einem Vorwand – einer Gesprächsgruppe anschließen.

Man muss in dieser Phase dann stets reaktionsbereit sein, manchmal aber mit Verzögerung reagieren. Zum Beispiel im Fall einer Familie, deren Sohn im Prozess der Radikalisierung seine Ablehnung auf das Thema Alkohol ausgerichtet hatte. Sein Dschihad bestand darin, jede Spur von Alkohol im Haus zu zerstören: Deodorant, Parfüm, Nahrungsmittel – alles war betroffen. Mehrere Monate arbeiteten seine Eltern in kleinen Schritten an einer emotionalen Reaktivierung. Bis zu dem Tag, an dem der Jugendliche seiner Mutter zum Muttertag einen Flakon Parfüm schenkt. Sie ruft uns unter Tränen an. Wir antworten, dass wir in zwei Stunden da sind.

Denn wir müssen zunächst drei ehemalige Rekrutierte kontaktieren, die uns begleiten und eine Schlüsselrolle spielen werden. Sie werden, jeder auf seine Art, über ihre Erfahrungen sprechen, als Antwort auf unsere Fragen, als ob sie zu uns gekommen wären, um über ihre eigene Situation Rechenschaft abzulegen. Sie werden über die riesige Kluft sprechen, die sie plötzlich erkannt haben zwischen dem, was sie von ihrer Rekrutierung erwartetet hatten, und der Realität von Daesh (der arabische Abkürzung des IS).

Sie werden so ausgewählt, dass ihr Werdegang dem Profil des Opfers entspricht (siehe Infokasten). Angesichts der Selbstauskünfte der Ehemaligen – die seine eigene Geschichte widerspiegeln –, und konfrontiert mit den Erfahrungen von Leidensgenossen, erinnert sich der Jugendliche an die Etappen seiner Rekrutierung und erkennt die Kluft zwischen dem Diskurs des Daesh und der Realität. Die Ehemaligen sind hier unmissverständlich: Er wird nicht das vorfinden, was er erwartet. Sein jetziger Traum ist eine Hölle, die unmittelbar bevorsteht. Diese Erfahrung ist ein schwerer Schock.

Die Konfrontation mit der Realität

In diesem Augenblick beginnt der Jugendliche, wieder selbst zu reflektieren. Er stellt eigene Analyse an, denkt nach, trägt die Schichten ab, bewertet im Rückblick. Nach unserer Erfahrung dauert der Prozess im Allgemeinen etwa drei Stunden, bis der Jugendliche, konfrontiert mit der Realität, einen Zusammenbruch erleidet und auf den Beistand seiner Eltern hofft. Er beginnt nun emotional und kognitiv umzuschwenken und legt das ganze Netz der Rekrutierung offen – ein neuer Abschnitt, den man als Remissionsphase bezeichnen könnte.

Doch damit ist die Partie längst noch nicht gewonnen. Zwei Wochen später ruft uns der junge Mann an, beschuldigt uns, dass wir ihn "einschläfern" wollten, und überschüttet uns mit Beschimpfungen. Seine Sicht kann sich jeden Moment ändern, sechs Monate muss man rechnen, bevor man das Ende des Tunnels sieht. In der Zwischenzeit werden Gesprächsgruppen eingerichtet, in denen die Opfer ihre Ambivalenz frei zum Ausdruck bringen können. Erstaunliche Aussagen treten zu Tage: "Eines Tages sagte ich mir, dass meine Rekrutierer Terroristen sind, blutrünstige Folterknechte, die mit abgeschnittenen Köpfen Fußball spielen. Ich fragte mich, wie sie überhaupt von Religion sprechen können. Eine Stunde später war ich davon überzeugt, dass die Leute, die mich von meiner Indoktrinierung befreien wollten, im Dienst der Zionisten standen, und dass man sie massakrieren muss."

Was den Jugendlichen aus seiner Radikalität befreit, ist eine Serie von Widersprüchen zwischen dem, woran er glaubte, und der Realität

Zeugnisse dieser Art lassen erahnen, welch langer Weg noch zu gehen ist. Die Auseinandersetzung ist essenziell, der Jugendliche muss wirkliche Fragen stellen können und die Richtung des Reflexionsprozesses frei wählen dürfen: Sich zu fragen, wer die Wahrheit sagt, und nicht zu wissen, wem man trauen kann, führt zum rettenden Zweifel. Denn was den Jugendlichen aus seiner Radikalität befreit, da sind wir uns heute sicher, ist der Widerspruch zwischen dem, woran er glaubte, und der Realität.

Der Diskurs der Ehemaligen ist deshalb so wesentlich, weil er einen Zweifel sät, der nach und nach von einem zweiten, dann einem dritten Zeugen bestätigt wird. Für einen Versuch der Entrekrutierung ist es daher unverzichtbar, die Dynamik dieser Skepsis zu verstehen. In dieser Zeit muss es dem Opfer gelingen, sich dutzende Widersprüche bewusst zu machen.

Der rettende Zweifel

Dass die Zweifel auch vor Ort auftreten können, zeigt der Fall einer Frau, die in den Dschihad gezogen war, weil sie dort ein Universum anzutreffen hoffte, in dem ihr alle ähnlich wären und sie liebten. Der Aufbruch in den Dschihad konkretisierte für sie – so hat sie es aus den Botschaften des Islam verstanden – Werte wie Solidarität und Brüderlichkeit sowie den Verzicht auf materielle Güter. Daher war sie überrascht, als sie, einmal angekommen, sah, dass ihre Kameraden Uhren und T-Shirts mit dem Daesh-Emblem in Umlauf brachten und mit ihren Kalaschnikows in Luxusautos anrückten. Ein Widerspruch zwischen Erwartung und Realität. Ein tiefer Zweifel, den man in dem Moment selbst nur schwer wahrnehmen kann. Doch wenn sich die Bedenken häufen, kann die Vernunft zurückkehren.

Es ist möglich, aus den einheitlichen Denkschablonen herauszukommen. Die meisten Familien, denen wir geholfen haben, haben es geschafft. In diesen Tagen läuft die Rekrutierungsmaschine auf Hochtouren: Wöchentlich rufen uns fünf Familien an, um mit uns über einen Radikalisierungsprozess zu sprechen. Sie sind nur die Spitze des Eisbergs. Sehr wichtig ist, dass die Eltern die Bedeutung des Internets erkennen und darauf reagieren.

Wachsamkeit im Internet

Die Behörden sind in der Überwachung von Dschihadi-Websites so weit gegangen, wie es ihnen möglich war. Sie treffen auf eine Opposition, die es vielleicht gut meint, sich des Zerstörungspotenzials dieser Websites aber zum großen Teil nicht bewusst ist. Auch Familien und Lehrer müssen das Problem anpacken und sich ernsthaft mit der Erziehung der Jugendlichen in der virtuellen Welt auseinandersetzen. Zu viele Erwachsene über 40 oder 50 Jahren geben sich der Illusion hin, Jugendliche kämen im Internet sehr gut zurecht und wüssten die Dinge richtig einzuordnen. Sie machen sich keine Vorstellung davon, was man dort alles findet, wie viel Zeit ihre Kinder dort verbringen und welche psychischen Auswirkungen diese Websites auf die Jugendlichen haben. Viele sehen dies nicht kommen und wachen eines Tages in der Hölle auf.

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