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Alkoholkonsum: Weingläser werden immer größer

Eine Bestandsaufnahme historischer und moderner Trinkgefäße zeigt: Weingläser sind heute fast siebenmal so groß wie vor 300 Jahren. Ist die Gastronomie schuld? Und welche Rolle spielt der Klimawandel dabei?
Rotwein und Weißwein werden aus der Flasche ins Glas eingeschenkt.

Das Fassungsvermögen von Weingläsern in England ist seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts drastisch angestiegen. Moderne Gläser seien im Mittel fast siebenmal so groß wie jene um das Jahr 1700, berichtet eine Arbeitsgruppe um Theresa M. Marteau von der University of Cambridge in der Weihnachtsausgabe des "British Medical Journal". Das Team betrachtete insgesamt 411 Gläser aus fünf verschiedenen Quellen, darunter 24 Weingläser aus dem Haushalt der königlichen Familie. Demnach fassten jene Gläser, die in der Periode um 1700 entstanden, im Mittel etwa 70 Milliliter; erst um 1860 erschienen Gefäße auf der Bildfläche, die ein modernes Viertele gefasst hätten. Heutzutage hat ein durchschnittliches englisches Weinglas ein Volumen von 450 Millilitern.

Wie aus Ernährungsstudien bekannt ist, führen größere Portionen dazu, dass Versuchspersonen tendenziell mehr essen – dass es einen vergleichbaren Effekt auch bei alkoholischen Getränken gibt, legen Studien ebenfalls nahe. Deswegen vermuten Marteau und ihre Kolleginnen eine Wechselwirkung zwischen Glasgröße und Konsum: Einerseits habe der gestiegene Weinkonsum speziell seit Mitte des 20. Jahrhunderts wohl die Nachfrage nach großen Gläsern angekurbelt; umgekehrt dürfte die Gastronomie auch auf größere Gläser zurückgreifen, weil das den Absatz fördert.

Die von der Arbeitsgruppe gesammelten Daten sind allerdings nur eingeschränkt hilfreich und werden nicht weiter verwertet. So wäre auch interessant gewesen, ob die tatsächlichen Portionsgrößen diesen Trend ebenfalls abbilden. Mögliche Auswirkungen der Gläsergröße jenseits des Alkoholkonsums wurden nicht untersucht. So ähnelt die grafische Darstellung der Gläsergrößen auffällig dem "Hockey Stick Graph", der die Entwicklung der globalen Durchschnittstemperaturen wiedergibt. Auch ein Zusammenhang mit dem Brexit erscheint möglich. Die Arbeitsgruppe sieht in den stark steigenden Gläsergrößen jedoch vor allem ein erhebliches Risiko für die öffentliche Gesundheit und diskutiert potenzielle Gegenmaßnahmen. Doch vermutlich sei die Weihnachtszeit eine eher schlechte Phase, um die Leute dazu anzuhalten, weniger zu trinken.

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