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International Brain Lab: Weiteres Neuro-Großprojekt geht an den Start

Auf der Suche nach der Entscheidungsfindung: Das neue IBL will das Gehirn studieren wie Physiker die Materie. Der gemeinsame Ansatz soll das alte Klein-Klein der Labors ablösen.
Neurone

Unter dem Namen International Brain Lab (IBL) haben sich jetzt 21 führende neurowissenschaftliche Forschungseinrichtungen zusammengeschlossen. Die Teams aus Europa und den USA wollen künftig bei Experimenten und theoretischer Modellierung an einem Strang ziehen. Vorbild sind ähnliche Großprojekte in der Physik, beispielsweise am LHC in Genf. Dort arbeiten Wissenschaftler aus hunderten Labors gemeinsam an den Beschleunigern und den dort produzierten Daten.

Wie unter anderem "Nature" berichtet, sollen auch am IBL Experimentatoren und Theoretiker mitarbeiten. Insbesondere geht es darum, die gemeinsamen Experimente zu standardisieren. Seit Jahren leidet die Hirnforschung darunter, dass die Neuroforschung zwar eine Unmenge an Daten produziert, die Labors dabei aber zumeist eigenen Protokollen folgen. Das erschwert die Interpretation der Resultate erheblich.

Die Standardisierung soll dem entgegenwirken. Auch ist geplant, IBL-Experimente immer von einer weiteren Forschungsgruppe replizieren zu lassen, bevor sie veröffentlicht werden. Damit sollen Qualität und Aussagekraft der Studien erhöht werden.

Im Zentrum des Interesses steht beim IBL die Frage, wie Verbünde von Nervenzellen im Gehirn Informationen verarbeiten, zum Beispiel bei einfachen Entscheidungsproblemen, die an Mäusen und Ratten untersucht werden können. Die Forscher nutzen dazu unter anderem implantierbare Chips, mit denen sich die Signale der Neurone erfassen lassen, während sich das Tier durch ein Labyrinth bewegt.

Flache Hierarchien und häufige Meetings über das Internet sollen die gemeinsame Arbeit an Experiment und Auswertung möglich machen. Von den CERN-Teams haben sich die Initiatoren beispielsweise abgeschaut, dass einzelne Forschungsvorhaben nicht erst bei einstimmiger Befürwortung aller Projektpartner in die Tat umgesetzt werden. Stattdessen wird eine einfache Mehrheit genügen, heißt es bei "Nature".

Geplant ist, dass die Arbeitsgruppenleiter der beteiligten Labors rund 20 Prozent ihrer Zeit auf die Tätigkeit im Rahmen des IBL verwenden. Finanziert wird das Großprojekt mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von mehr als zehn Millionen Euro, bereitgestellt von der Simons Foundation in Washington und dem Wellcome Trust in London.

Das IBL reiht sich in eine Hand voll weiterer Hirnforschungsgroßprojekte ein: darunter das mit bis zu einer Milliarde Euro ausgestattete Human Brain Project, die von Ex-Präsident Obama initiierte Brain Initiative und die Brain Observatories des Allen Institute for Brain Sciences in Seattle. Sie alle haben als Ziel, die Ergebnisse der vielen Labors weltweit vergleichbar zu machen und in eine Art "Standardmodell" der Hirnforschung münden zu lassen.

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