Direkt zum Inhalt

Erdtrabant: Wie der Mond magnetisiert wurde

Lunares Magnetfeld
Als Harrison Schmitt im Dezember 1972 als zwölfter und vorerst letzter Mensch den Mond betrat, interessierten ihn vor allem die Steine. Der Geologe brachte von dieser Apollo-17-Mission etwa 115 Kilogramm Mondmaterial zurück, mehr als jede vorangegangene Mondlandung. Manche dieser wie auch Proben früherer Mondflüge waren magnetisiert, einen Brocken mit grünen und weißen Kristallen datierte man auf ein Alter von 4,2 Milliarden Jahren. Wie der Magnetismus jedoch entstanden sein könnte, darüber streiten die Forscher bis heute. Mögliche Erklärungen liefern nun Wissenschaftlergruppen um Christina Dwyer und Michael Le Bars.

Spuren von Apollo 17 | Die letzten Spuren, die Menschen auf dem Mond hinterlassen haben: Seit der Mission Apollo 17 hat kein Astronaut mehr die Oberfläche betreten. Auffällig sind besonders die parallelen Spuren des Mondautos, das am rechten Bildrand geparkt ist.
Das Magnetfeld der Erde wird durch einen Dynamoeffekt aufgebaut, der wiederum von konvektiven Strömungen des flüssigen Erdkerns herrührt: Die Restwärme aus der Erdentstehungszeit lässt hier stetig warme Strömungen nach oben steigen und kühlere abfallen. Überlegungen, dass der gleiche Prozess im früher flüssigen Mondkern stattgefunden haben könnte, mussten bald verworfen werden. Denn der deutlich kleinere Mond kühlte deutlich zu schnell ab und die Konvektion konnte daher ein Magnetfeld nicht lange genug aufrecht erhalten. So blieb bisher unklar, was einst die nötige Energie für den Mond-Dynamo lieferte.

Christina Dwyer von der University of California in Santa Cruz und ihre Kollegen schlagen nun die Erde als Ursache vor, die sich damals noch deutlich näher am Mond befand. Zunächst gehen die Autoren von der Annahme aus, dass nach der Mondentstehung vor 4,6 Milliarden Jahren der Mondmantel auf dem flüssigen Mondkern hin und her gleiten konnte. Die Erde sorgte für eine Präzession des Mondes, also eine Drehung der Rotationsachse um ihre ungestörte Lage, wie man es bei von einem kippenden Kreisel kennt. Die Präzession des Mondmantels und des Kerns unterschieden sich jedoch, was zu innerer Reibung führte. Letztlich soll der Mantel den flüssigen Kern mechanisch angeregt haben, "wie wenn man eine Schüssel mit einem riesigen Löffel umrührt", so erklärt es Dwyer.

Lunares Magnetfeld | Schematische Darstellung des vorgeschlagenen Dynamomechanismus im Mondinneren.
Dadurch, so schreiben die Autoren um Dwyer, könnte ein Magnetfeld entstanden sein, das mit mehr als einem Mikrotesla Stärke über eine Milliarde Jahre hinweg aufrecht erhalten wurde. Heute hat der Mond diese Art von Magnetfeld nicht mehr, was sich durch die zunehmende Entfernung des Mondes von der Erde erklären lässt. Vor vier Milliarden Jahren sei er jedoch noch nahe genug an der Erde gewesen, dass die Gezeitenkräfte ausreichten, den Dynamo anzutreiben. Jedoch entfernt sich der Mond konstant von uns. Als er vor 2,7 Milliarden Jahren den Abstand von 48 Erdradien überschritt, endete dieser Dynamo-Effekt; heute ist der Mond rund 60 Erdradien entfernt.

Etwas stärkere Magnetfelder von mehreren Mikrotesla berechnen die Forscher um Michael Le Bars vom Institut für die Erforschung von Nichtgleichgewichts-Phänomenen (IRPHE) in Marseille. Sie gehen dabei von einzelnen Dynamophasen aus, die von heftigen Meteoriteneinschlägen angeregt wurden. Die Einschläge zeigen sich heute durch die beachtlichen Krater auf der Mondoberfläche. Laut Le Bars und Kollegen sollen sie jedoch nicht nur Narben auf dem Erdtrabanten hinterlassen, sondern auch seine Rotation verändert haben. Dadurch seien im flüssigen Mondkern Strömungen in Gang gesetzt worden, die wiederum einen Dynamo-Effekt hervorbrachten. Die unterschiedlichen Theorien von Dwyer und Le Bars lassen sich womöglich durch weitere Untersuchungen der urzeitlichen Mondsteine überprüfen. Schließlich brachten die Apollo-Missionen insgesamt fast 400 Kilo Probenmaterial zur Erde. (lh)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Quellen
Nature 479, S. 212–214, 2011
Nature 479, S. 215–218, 2011

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.