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News: Wie Pflanzen die Kurve kriegen

Pflanzen orientieren sich während ihres Wachstums nach dem Licht und nach der Schwerkraft. Dabei spielt das Hormon Auxin eine wichtige Rolle, das die durch Licht und Schwerkraft ausgelösten Krümmungsbewegungen der Pflanzen kontrolliert. Eine deutsch-polnische Arbeitsgruppe konnte jetzt nachweisen, dass sich Pflanzen nur dann krümmen, wenn sich Auxin in bestimmten Regionen anhäuft. Für diese ungleiche Verteilung des Wuchsstoffs im Gewebe sorgt ein bestimmtes Protein namens PIN3.
Licht und Schwerkraft legen die Wuchsrichtung von Pflanzen fest. Aufgrund dieser physikalischen Signale bilden und verteilen sich in der Pflanze Botenstoffe. Ein zentraler Botenstoffe stellt das Pflanzenhormon Auxin dar, das lichtabhängig zunächst in der Spitze des Pflanzenkeimlings entsteht und anschließend in die Wurzel transportiert wird. Auxin sorgt zum Beispiel dafür, dass sich ein junger Pflanzenspross streckt, also in die Höhe wächst. Außerdem regt es das Wurzelwachstum, die Differenzierung von Zellen und die Verzweigung des Gewebes an. Wie Auxin im Innern der Pflanze verteilt wird, haben Wissenschaftler bisher jedoch nur ungenügend verstanden. Sie wissen aber, dass das Hormon passiv in die Zellen hinein strömt und aktiv wieder hinaus befördert wird.

Die Arbeitsgruppe um Klaus Palme vom Kölner Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung konnte bereits mehrere Komponenten eines spezielles Transportsystems aufspüren, das den gerichteten Längstransport von Auxin ermöglicht. Sie identifizierte gleich mehrere Gene, die für die Bildung spezieller Auxin-Transporter verantwortlich sind. Diese Proteine sorgen dafür, dass der Wuchsstoff von oben nach unten im Pflanzenspross verteilt wird und sich auf diese Weise schließlich in der Wurzelspitze anreichert. Darüber hinaus fanden die Wissenschaftler Hinweise, dass Auxin auch die Krümmungsbewegungen von Pflanzen kontrolliert: Blockierten sie den Transport des Hormons, so konnten sich Pflanzensprösslinge nicht mehr zum Licht hin krümmen und der Schwerkraft entgegen wachsen.

Der Nachweis, wie Auxin und sein Transport die Krümmung verursacht, gelang nun den Kölner Forschern zusammen mit Kollegen aus Tübingen, Konstanz und Torun bei Versuchen mit der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Auxin in sich krümmenden Pflanzengeweben ungleich verteilt vorliegt. Außerdem identifizierten sie ein Protein namens PIN3, das den Transport des Wuchsstoffes seitlich aus den Zellen heraus kontrolliert. Auf das entsprechende Gen waren die Forscher durch Sequenzvergleiche mit den bereits zuvor von ihnen entdeckten Transporter-Genen gestoßen, die den Transport von Auxin aus der Zelle regulieren und als PIN-Proteine bezeichnet werden. Der Name PIN (pin, engl. Nadel) leitet sich von einer speziellen Pflanze ab, bei der die Spitze nadelförmig weiter wächst, ohne dass die Pflanze Seitensprosse bildet. Ursache war auch hier die Mutation eines Gens, das für die Bildung eines Auxin-Transportproteins verantwortlich ist.

Bei Pflanzen, denen nun das Gen für die Bildung von PIN3 fehlte, krümmte sich der Spross im Vergleich zu normalen Keimlingen deutlich schlechter zum Licht. Und auch die Wurzel neigte sich weniger in die Richtung von seitlich einwirkender Schwerkraft. Zudem ist die Auxin-Anreicherung bei den PIN3-Mutanten gestört – der Botenstoff bleibt gleichmäßig über das Gewebe verteilt.

Mit Immunfluoreszenzmethoden spürten die Wissenschaftler dem PIN3-Protein sowohl im Sprossgewebe als auch in den Zellen der Wurzelspitze nach, welche Richtung und Stärke der Schwerkraft wahrnehmen. In den schwerkraftempfindlichen Zellen der Wurzelspitze ist der Auxin-Transporter, wenn die Schwerkraft normal von unten einwirkt, gleichmäßig an den Rändern verteilt. Wirkt die Schwerkraft dagegen nicht von unten, sondern seitlich ein, verlagern sich die PIN3-Proteine in Richtung des Schwerereizes.

Mit diesen Untersuchungen zu PIN3 konnten die Wissenschaftler eine wichtige Frage des Pflanzenwachstums beantworten. Weitere Untersuchungen zielen nun darauf ab, sowohl den molekularen Mechanismus des PIN-Protein vermittelten Auxintransports zu entschlüsseln als auch die Wirkungsweise des Auxins als "gestaltgebende" Substanz genauer zu verstehen.

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