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Neutronensterne: Wie werden Millisekunden-Pulsare abgebremst?

Pulsar

Wie werden Millisekunden-Pulsare, rasend schnell rotierende Neutronensterne, wieder langsamer? Darauf gibt eine Arbeit des dänischen Astronomen Thomas M. Tauris von der Universität Bonn eine Antwort, die kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift "Science" erschien.

Millisekunden-Pulsar | Ein Neutronenstern (links) zieht in einem engen Doppelsternsystem Materie von seinem Begleiter ab (Mitte), die sich zunächst in einer Scheibe um ihn herum ansammelt. Durch die Übertragung von Drehimpuls wird der Neutronenstern in der Folge so stark beschleunigt, dass eine Rotationsperiode nun noch wenige Millisekunden dauert.
Neutronensterne gehören zu den exotischsten Himmelskörpern: Nur etwa 10 bis 20 Kilometer groß, bestehen sie aus dichtest gepackten Neutronen, Bausteinen der Atomkerne. Sie können mehr als die Masse der Sonne in ihrem kleinem Volumen enthalten. Neutronensterne bilden sich, wenn einem massereichen Stern mit mehr als acht Sonnenmassen schließlich der Brennstoff im Kern ausgeht. Dann kollabiert dieser innerhalb kürzester Zeit zu einem kompakten Objekt. Aufgrund der Erhaltung des Drehimpulses rotiert dieses rasend schnell, für eine Umdrehung benötigt es weniger als eine Sekunde. Ein Pulsar ist ein Neutronenstern, der von einem starken Magnetfeld umgeben ist, dessen Polachse nicht mit der Rotationsachse zusammenfällt. In einem eng begrenzten Bereich um die magnetischen Pole wird elektromagnetische Strahlung wie Radiowellen oder Röntgenstrahlung freigesetzt. Weist bei der Rotation einer der Pole kurzzeitig zur Erde, so wird periodisch ein Strahlungsimpuls aufgefangen, der Stern pulsiert.

Millisekunden-Pulsare bilden sich, wenn der Neutronenstern Teil eines engen Doppelsternsystems ist. Dann kann vom Begleiter, zum Beispiel ein Hauptreihenstern oder ein Weißer Zwerg, Materie auf den Neutronenstern übertreten, der dadurch an Masse gewinnt. Wegen der Erhaltung des Drehimpulses trifft sie nicht auf direktem Weg auf die Oberfläche des Neutronensterns. Stattdessen ordnet sie sich in einer so genannten Akkretionsscheibe um ihn an. Von dort spiralt dann die Materie auf dessen Oberfläche herunter und überträgt dabei ihren Drehimpuls. In der Folge muss der Neutronenstern immer rascher rotieren, bis seine Rotationsperiode typischerweise etwa drei Millisekunden beträgt. Während dieser Phase gibt der Neutronenstern intensive Röntgenstrahlung ab, wodurch er sich am Himmel aufspüren lässt.

Thomas Tauris untersuchte nun, was passiert, wenn Millisekunden-Pulsare anfangen, langsamer zu rotieren. Dies tritt dann ein, wenn fast alles Material der äußeren Hülle des Begleiters aufgebraucht ist und der Materietransfer zu Ende geht. Damit bricht auch die Freisetzung von hochenergetischer Röntgenstrahlung ab. In der anschließenden Phase strahlt der Neutronenstern vornehmlich im niederenergetischen Radiowellenbereich. Bislang ist kaum bekannt, was während dieser Übergangsphase passiert. Die Arbeit von Thomas Tauris zeigt nun, dass dabei der Pulsar bis zur Hälfte seiner Rotationsenergie verliert. Seine numerischen Simulationen weisen darauf hin, dass sich die Magnetosphäre des Neutonensterns aufbläht, während der materiespendende Begleitstern schrumpft. Tritt Materie in den neu ausgedehnten magnetischen Einflussbereich des Neutronensterns ein, spiralt sie in der Schlussphase nicht wie bisher zu dessen Oberfläche, sondern wird aus dem System herausgeschleudert. Dabei nimmt die Materie zusätzlich Drehimpuls mit und bremst so den Neutronenstern ab: Er rotiert nach und nach langsamer.

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  • Quellen
Tauris, T.M.: Spin-Down of Radio Millisecond Pulsars at Genesis. In: Science 335, S. 561 – 563, 2012.

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