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Plattentektonik: Woher die Lava kommt

Der Pazifische Feuerring gehört zu den geologisch aktivsten Regionen der Erde. Woher die zahlreichen Vulkane ihr Magma beziehen, muss nun wohl neu überdacht werden.
Lava

Wenn die gewaltigen Kräfte der Tektonik eine Erdplatte unter die andere ziehen, dann wandeln sich durch die steigenden Temperaturen und Drücke ab einer gewissen Tiefe das auflagernde Sediment und das Gestein in Magma um. Anschließend steigt dieses im Mantel auf, wo es weiteres Gestein schmilzt und sich damit vermischt, bis der Druck in der Magmakammer so groß wird, dass der darüberliegende Vulkan ausbricht. So lautet die lange Jahre mehrheitlich akzeptierte Lehrmeinung zum Inselbogenvulkanismus, dessen berühmtestes Beispiel wohl der Pazifische Feuerring ist – zu dem unter anderem der Krakatau in Indonesien, der philippinische Pinatubo oder der Mount St. Helens in den USA gehören. Doch womöglich läuft der Prozess ganz anders ab, wie Horst Marschall von der Universität Frankfurt und Sune Nielsen von der Woods Hole Oceanographic Institution in »Science Advances« darlegen. »Unsere Studie zeigt, dass das vorherrschende Schmelzmodell, das Fluide und auflagernde Sedimente umfasst, nicht richtig sein kann«, so Nielsen in einer Mitteilung.

Woher das Magma stammt | Im bisher gültigen Modell (links) schmilzt Sediment auf der abtauchenden Platte und steigt mit ebenfalls freigesetzten Fluiden auf. In der Magmakammer vermengen sich beide und schmelzen weiteres Gestein auf, das bei einem Vulkanausbruch gefördert wird. Beim neuen Mélangemodell (rechts) hingegen vermengt sich das Material bereits während der Subduktion und schmilzt. Nachfolgend steigt es wegen seiner geringeren Dichte durch den umgebenden Mantel auf und füllt die Magmakammer.

Die Auswertung geochemischer Daten aus acht weltweit verteilten Vulkanbögen zeigt stattdessen, dass bereits vermischtes Gesteinsmaterial auf der Oberseite der abtauchenden Platte vorhanden ist und die Vermengung nicht später stattfindet, wie bislang angenommen wurde. Diese als Mélange bezeichnete Masse bildet sich unter ebenfalls sehr hohen Temperaturen und Drücken und galt bislang nicht als Magmaquelle. Teile davon mit niedriger Dichte können jedoch als so genannte Diapire aufsteigen und dann weiteres Krustenmaterial schmelzen, bevor sie als Lava ausgestoßen werden. »Unsere Arbeit zeigt erstmals, dass die Mélangeschmelze der wichtigste Faktor dabei ist, wie die subduzierte Platte und der umgebende Mantel miteinander reagieren«, erklärt Nielsen.

Die Studie basiert auf einem Vorgänger in »Nature Geoscience«, in dem die beiden Geophysiker Mélangeaufschlüsse aus verschiedenen Teilen der Welt analysiert und in ein Modell eingespeist haben. Bei vielen Kollegen stieß dieses Modell jedoch auf Ablehnung. »Sie bezeichneten es als Geo-Fantasie, da Mélangegestein ihrer Meinung nach nicht an der Magmabildung beteiligt sein sollte«, erklärt Marschall. Die ausführliche Datenanalyse zeige aber, dass nur das Mélangemodell die geochemischen und -physikalischen Bedingungen in den Vulkanbögen weltweit wiedergeben könne, ergänzt sein Kollege Nielsen. Wo das Magma jedoch in seiner Zusammensetzung entsteht, spiegelt sich in seinen Isotopenverhältnissen und Spurenelementen wider – welche Geowissenschaftler wiederum für geotektonische Vorhersagen nutzen.

Subduktionszonen gehören zu den geologisch aktivsten Gebieten der Erde. Hier werden unter anderem in großem Umfang Wasser und Kohlendioxid aus dem alten Meeresboden recycelt und der Geodynamik neu zugeführt – etwa dem globalen Wasser- oder Kohlenstoffkreislauf. Zudem sind diese Regionen sehr unruhig; schwere Vulkanausbrüche oder Erdbeben finden hier regelmäßig statt und gefährden hunderttausende Menschenleben. »Um herauszufinden, wo und warum zum Beispiel Beben auftreten, müssen wir unter anderem wissen, welches Gesteinsmaterial in der Tiefe vorhanden ist und welche Prozesse dort ablaufen«, sagt Nielsen. Da Mélangegestein bislang jedoch weitgehend ignoriert wurde, wisse man zu wenig über seine physikalischen Eigenschaften – etwa ab welchen Temperaturen und Drücken sie schmelzen.

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