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Biofouling: Würmer bremsen Schiffe mit Hilfe von Bakterien

Jeder schnittige Bootsrumpf wird allmählich immer langsamer: Auf ihm wächst unaufhaltsam ein einzigartiges Ökosystem heran, das den Fahrtwiderstand ständig erhöht. Wer das verhindern will, muss Gift einsetzen oder genau wissen, was er tut.
Besiedeln Oberflächen im Meer: Röhrenwürmer

Das Problem des »Biofoulings« kennt der Mensch, seit er zur See fährt: Auf Schiffsrümpfen wachsen Bakterien, Algen und kleine Meerestiere heran und erhöhen dabei allmählich den Fahrtwiderstand – was ständig den für das Fortkommen notwendigen Krafteinsatz erhöht und kostspieliges Rumpfschrubben nötig macht. Bootsbauer können zwar mit hochgiftigen Schutzlacken kontern, suchen aber seit geraumer Zeit nach weniger umweltschädlichen Gegenmaßnahmen. Ein Team um Nick Shikuma hofft, dabei einmal helfen zu können: Es erforschte die biologischen Zusammenhänge des heranwachsenden Ökosystems und liefert Erkenntnisse, die für mögliche zukünftige Bekämpfungsstrategien nützlich sein dürften.

So unterschätzt wie entscheidend, meinen die Forscher, ist die Umwandlung der Jugendstadien des Wurmbewuchses in ausgewachsene Tiere. Diese Metamorphose wird von Bakterienbiofilmen angekurbelt, die den Schiffsrumpf zuerst besiedeln. Das Team belegt dies an Röhrenwürmern der Art Hydroides elegans, die wegen der stabilen und wenig stromlinienförmigen Kalkröhren der ausgewachsenen Tiere auf dem Bootsrumpf besonders problematisch sind. Aus jungen Röhrenwurmlarven werden aber nur dann erwachsene Tiere mit Kalkröhre, wenn der unter ihnen wachsende Bakterienrasen mithilft, so Shikuma und Kollegen: Die Mikroben der Art Pseudoalteromonas luteoviolacea schießen winzige speerförmige Fortsätze in die Zellen der Wurmlarven und setzen so einen offensichtlich notwendigen Reiz, der dann die Umwandlung zum ausgewachsenen Wurm auslöst. Verhinderten die Forscher die Minispeerattacke – etwa auf einem Rasen von gentechnisch manipulierten Bakterien, die keine Fortsätze mehr ausschleudern können –, so aktivierten die Wurmlarven nicht jene Genschaltkreise, die schließlich für die Metamorphose zu erwachsenen Würmern sorgen.

Schon seit Längerem ist bekannt, dass das Zusammenspiel verschiedener Arten den Erfolg des einzigartigen marinen Ökosystems ausmacht, das Schiffsrümpfe und alle anderen Oberflächen im Meer rasch erobert. Unklar war bisher, wie die bakteriellen Biofilm-Pionierbesiedler das Wachstum größerer Arten im Detail fördern oder hemmen. Die Effekte sind oft vielfältig und überraschend: So hatte man Verwandte der von Shikumas Team untersuchten Pseudoalteromonas-Bakterien bisher eher als mögliche Waffen gegen das Biofouling betrachtet, weil sie verschiedene antimikrobielle Substanzen produzieren und den Bewuchs von konkurrierenden Bakterien, Pilzen und Kieselalgen hemmen können. Eine im Sinn der Schifffahrt nützliche Manipulation der Biofouling-Artengemeinschaft dürfte erst gelingen, wenn die Beziehungen der verschiedenen konkurrierenden Spezies im Detail bekannt sind, ahnen die Forscher.

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