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Beutefang: Zitteraale jagen per Fernbedienung

Mit ihren wässrigen Augen und der dicken Schnauze sehen Zitteraale nicht besonders gefährlich aus. Erst das geschickte Spiel mit elektrischer Spannung macht sie zu erfolgreichen Jägern.

"Schlangenartig sieht man sie auf dem Wasser schwimmen, und sich, verschlagen, unter den Bauch der Pferde drängen. Von diesen erliegen viele unter der Stärke unsichtbarer Schläge. Mit gesträubter Mähne, schnaubend, wilde Angst im funkelnden Auge, fliehen andere das tobende Ungewitter."

Was der Naturforscher Alexander von Humboldt 1808 so dramatisch schildert, ist seine erste Begegnung mit einem Zitteraal (Electrophorus electricus). Humboldt ist so fasziniert von der elektrischen Kraft der Tiere, dass er sie sogar am eigenen Leib testet. Was er damals nicht wissen konnte: Zitteraale nutzen verschiedene Arten von Stromstößen, um ihre Beute entweder zu lähmen oder zum Zucken zu bringen. Kenneth Catania von der Vanderbilt University in Nashville hat jetzt untersucht, wie Zitteraale die verschiedenen Stromstöße zur Jagd benutzen.

Elektrisches Feld als sechster Sinn

Der gelähmte Fisch hat keine Chance | Muskelzuckungen lähmen die Beute des Zitteraals und verhindern, dass deine kleine Fisch entfliehen kann.

Mit seinen schlecht entwickelten Augen kann sich der Zitteraal nicht allein auf seine Sehstärke verlassen und braucht einen "sechsten Sinn", um potenzielle Beute im trüben Amazonaswasser zu finden. Er baut deshalb ein schwaches elektrisches Feld um seinen Körper auf und durchkämmt damit das Wasser. Lebendige und tote Objekte leiten den Strom der Aale unterschiedlich gut und lassen ihn geeignetes Futter durch das veränderte elektrische Feld wahrnehmen. Der Kopf der bis zu zweieinhalb Meter langen Tiere fungiert dazu als Pluspol, das Schwanzende als Minuspol. Kleine Muskelzellen auf seiner Haut machen das möglich: Jede Zelle für sich erzeugt nur eine geringe Spannung, werden sie aber wie bei einer Batterie in Reihe geschaltet, kommt es zu einer Entladung von bis zu 600 Volt.

Ferngesteuerter Beutezug

Kenneth Catanias Experimente zeigen zwei weitere Einsatzmöglichkeiten für das elektrische Blitzgewitter der Aale. Sie können ihre Beute in Starrkrämpfen lähmen oder unwillkürlich zappeln lassen. Dazu müssen sie nur Stärke und Frequenz der Entladungen anpassen. Attacken aus zwei oder drei heftigen Impulsen lassen Beutefische zucken, auch wenn sie sich sonst noch so still verhalten. Viele Stromschläge hintereinander dagegen versetzen die Fische in einen Krampf und lähmen sie. Der Schlag der Räuber ist so gut auf die Biologie ihrer Beute angepasst, dass sie ihre Muskeln steuern können wie mit einer Fernbedienung.

Hat der Zitteraal die Bewegungen seiner Beute erst einmal entdeckt, geht er zum eigentlichen Angriff über: Er feuert eine Salve von starken Stromschlägen auf den Fisch ab, die ihn innerhalb von Millisekunden lähmt. Catania konnte in seinen Experimenten zeigen, dass die Attacke der Aale Motorneuronen im Körper der Fische anregt und so die ungewollten Bewegungen erzeugt. Mit einem einzigen plötzlichen Beutebiss verschlingt der Raubfisch dann seine Mahlzeit. Auch die Humboldt'schen Pferde werden vermutlich nicht durch die Stromschläge direkt gestorben, sondern von den Aalen gelähmt und dann ertrunken sein.

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