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News: Zum Glück resistent?

Auf Dauer kann ihnen selbst das stärkste Gift nicht den Garaus machen: den Moskitos. In vielen Regionen der Erde ist den Überträgern von Malaria und Elephantiasis kaum noch beizukommen. Doch aus der schlechten Nachricht könnte rasch eine gute werden, auch wenn sie alles andere als logisch klingt. Denn offenbar verringert sich die Infektionsgefahr durch die Mücken umso mehr, je resistenter sie sind.
In vielen von Malaria und lymphotischer Filariose (Elephantiasis) bedrohten Gebieten der Erde wird die Bekämpfung des Überträgers dieser Krankheiten immer schwieriger, denn die Stechmücke Culex quinquefasciatus ist gegen eine Vielzahl von Insektengiften resistent geworden. In Sri Lanka kämpft man seit 1974 durch zweiwöchentliches Versprühen mit einer Organophosphatverbindung gegen die Moskitos, doch das Gift zeigt immer weniger Wirkung. Deshalb, so sollte man meinen, müsse die Gefahr einer Infektion nun eigentlich wieder ansteigen. Doch ganz im Gegenteil. Die gute, wenngleich unerwartete Nachricht lautet, dass die Gefahr einer Infektion infolge der Insektizidresistenz sogar abnimmt.

Lynn McCarrol von der School of Biosciences der Cardiff University hat sich mit ihren Kollegen auf die Übertragung der Elephantiasis konzentriert. Diese Tropenkrankheit ist Folge einer Infektion durch den Fadenwurm Wuchereria bancrofti, der in großer Zahl in den menschlichen Lymphgefäßen siedelt. Im Extremfall wird das Lymphsystem vollständig blockiert, und der dabei entstehende Stau lässt die Beine und Arme der Betroffenen bis zur Unförmigkeit anschwellen und "elefantenähnlich" aussehen. Das Larvenstadium verbringen die Würmer in ihrem Zwischenwirt, dem Moskito. Und in seinem Inneren wird es für Wuchereria bancrofti zunehmend unwirtlicher, denn die Resistenz gegenüber Insektiziden verändert hier die chemischen Verhältnisse (Nature vom 26. Oktober 2000).

Die Strategie von Culex quinquefasciatus, sich gegen die Giftwirkung zu wehren, ist weltweit in 80 Prozent aller Mücken die gleiche. In ihnen finden sich im Erbgut veränderte Abschnitte, die unter anderem die Produktion bestimmter Enzyme, so genannten Esterasen steuern. Eine der Esterasen kommt vor allem in den Eingeweiden und Speicheldrüsen der Mücken in stark erhöhten Konzentrationen vor. Dadurch verändert sich auch das Redox-Potential, das Ausdruck ist für das elektrochemische Milieu in diesen Zellen. Die Folge ist eine Entwicklung der Larven von Wuchereria bancrofti unter erschwerten Bedingungen.

Zunächst streiften die Wissenschaftler in sieben, von der Elephantiasis betroffenen Gebieten Sri Lankas von Hütte zu Hütte und sammelten unzählige Mücken, denen die kürzliche Blutmahlzeit noch anzusehen war. Fast 80 Prozent aller Insekten trugen den Krankheitserreger in sich. Im Labor analysierten die Forscher anschließend die Anzahl der Parasiten sowie die Konzentration jener Esterase. Dabei fiel ihnen die deutliche negative Korrelation zwischen beiden Parametern auf: Je höher die Esterase-Konzentration, umso geringer war die Zahl der Larven. Andere Effekte, wie die erhöhte Sterblichkeit der Moskitos durch die Larven, konnten die Forscher ausschließen. Sie glauben, dass allein die erhöhte Esterase-Aktivität die Entwicklung von Wuchereria bancrofti behindert. In Zukunft wird es darum gehen, inwieweit dieser Zusammenhang auch für die Übertragung der Malaria durch die Anopheles-Mücke bedeutsam ist. So hätte das jahrzehntelange Versprühen giftiger Substanzen am Ende doch mehr Gutes bewirkt als gemeinhin angenommen.

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