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Fingerübung

Treitz-Rätsel

Wie viele Fehler hast du denn im Mathetest gemacht? – O, die kann ich an den Fingern einer Hand abzählen. – Also weniger als 6. – Nein, weniger als 32. – Aber deine Hand hat trotzdem nur 5 Finger? – Aber klar.

Alles klar?

Was hier läuft, ist nichts weniger als der Unterschied zwischen analoger und digitaler Darstellung. Beim primitiven Abzählen an den Fingern zählt jeder Finger eine Einheit, egal welchen man nimmt ("analog"). Wenn man trotzdem eine bestimmte Reihenfolge einhält, kann man den Fingern Ordnungszahlen zuordnen und braucht eigentlich nur den letzten der anzeigenden Finger anzusehen.

Beim Stellenwertverfahren ("digital") legt man fest, welcher Finger 1 bedeutet, welcher 2, 4, 8 bzw. 16, und mit der zweiten Hand kommt man dann immerhin bis 1 + 2 + 4 + 8 + 16 + 32 + 64 + 128 + 256 + 512 = 1023. Ob man bis 5 oder bis 31 zählen kann, ist noch kein gewaltiger Unterschied, aber 10 gegen 1023 (bei zehn Fingern!) ist schon etwas heftiger.

Unser Dezimalsystem hat offenbar auch etwas mit den zehn Fingern zu tun, aber mit einer Mischung der eleganten und der uneleganten Methode. Wenn man durch das ziemlich schalldichte Fenster einer Telefonzelle eine Nummer mitteilen will, wird man vermutlich nacheinander jede Ziffer durch Ausstrecken von 0 bis 9 Fingern anzeigen.

Hätte man beim (gewöhnlichen) Abzählen an den Fingern die Daumen weggelassen, hätten wir ein Oktalsystem, und das Rechnen wäre ein Kinderspiel. Man könnte nämlich jede Oktalziffer in drei Binärziffern auflösen, mit dem sehr simplen Einmaleins des Binärsystems rechnen und am Schluss die Dreiergruppen der Nullen und Einsen in Oktalziffern tauschen.

Zahlenbasen wie 8, 10 oder 12 sind – unabhängig von den Rechenproblemen – handlicher als die 2, aber auch als sehr große wie 100, wenn es um das Behalten von Daten geht. Aus dem gleichen Grund ist ein Alphabet mit 10 bis 30 Buchstaben günstiger als eins mit nur 2 oder 3, aber auch als eins mit mehreren Tausend (die chinesische Ganzwort-Schrift, die allerdings in Richtung zu einer Silbenschrift modifiziert ist). Die Morsezeichen haben natürlich nicht 2, sondern 3 "Buchstaben", nämlich Punkt, Strich und Zwischenraum. Wer meint, es sei binär, soll einmal die Zwischenräume weglassen und hoffen, dass jemand es trotzdem errät.

Zum Schluss noch ein mathematischer Witz, den man nicht erzählen, sondern nur schreiben kann:

Es gibt 10 Sorten von Menschen: solche, die das Binärsystem verstehen, und die anderen.

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