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Verdrillt

Treitz-Rätsel

Am 28. 3. 2001 verhohnepipelte Stefan Raab in seiner Sendung "tv-total" eine Dame, die in einer Dauerwerbesendung mit wenig Vorbereitung und noch weniger sprachlichem Geschick verschiedene Artikel aus Gold angepriesen hatte. Unter anderem hatte sie vorgeführt, wie man mehrere Ketten zwischen den Händen verdrillen kann, und dabei etwa gesagt: "Man muss dann mit der linken Hand rechtsherum drehen und mit der rechten Hand … äh … auch rechtsherum, aber doch irgendwie andersherum.". Raab fand das ziemlich unlogisch, was es ja auch irgendwie ist, oder?

Ein Grundsatz der klassischen Logik sagt, dass etwas nicht zugleich wahr und in derselben Hinsicht unwahr sein könne. Nehmen Sie die Hinsicht ganz wörtlich!

Wenn man mit einer Hand einen Wasserhahn zudreht, so nennt man die Orientierung dieser Drehung "rechts", umgekehrt "links". Im Unterarm gibt es besondere Muskeln, die dazu die Elle und die Speiche aus einer parallelen Lage in eine windschiefe drehen.

Nun kann man diese Muskeltätigkeiten ausführen, einerlei in welche Richtungen die Arme gestreckt sind. Vom Ellbogen des jeweiligen Armes aus gesehen, sind das dann unabhängig davon immer Rechts- (oder immer Links-) Drehungen.

Wenn man nun die Kette zwischen die Hände nimmt, liegen die Unterarme ungefähr in einer geraden Linie, aber einander entgegengestreckt, die Ellbögen außen, die Hände innen. Führen nun beide Hände Rechtsdrehungen im genannten Sinne aus, so ist die Drehung der rechten Hand vom linken Ellbogen aus gesehen eine Linksdrehung, also andersherum als die der linken Hand.

Es macht also einen Unterschied, ob man die Hände jeweils von ihren "eigenen" Ellbögen aus betrachtet oder aus ein und derselben Richtung im Raum.

Die Dame aus der Dauerwerbesendung hat das offenbar während der Vorführung gemerkt und auszusprechen versucht. Wenn Quizkandidaten ein topologisches Rätsel in einer Life-Sendung so schnell und ohne wirklichen Widerspruch lösen würden, wäre das durchaus respektabel. Ob in der Werbesendung das öffentliche Denken ebenso angebracht ist, mag eine andere Frage sein. Andererseits möchte man eher sehen, wenn z. B. in Talkshows Nachdenklichkeit nicht so oft gespielt würde, sondern Leute, die denken können, sich echte Denkpausen nehmen würden.

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