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Die Kunst des Streitens

Auseinandersetzungen sind vollkommen normal – außer vielleicht bei frisch Verliebten. Früher oder später treten in jeder Beziehung Probleme auf, denn kein Mensch ist wie der andere. Streit entsteht, wenn verschiedene Ansichten und Absichten aufeinanderprallen, die sich nicht ohne Weiteres vereinen lassen.

Rainer Sachse ist Professor für Psychologie an der Ruhr-Universität in Bochum und Begründer der klärungsorientierten Psychotherapie. Er hat bereits mehrere Bücher geschrieben, in denen er sich etwa mit der Paartherapie oder mit Persönlichkeitsstörungen auseinandersetzte. Nun widmet er sich den zwischenmenschlichen Streitereien. Er erklärt nicht nur, was ein Konflikt ist, sondern auch, wie man konstruktiv mit ihm umgeht, ihn löst und Kompromisse findet.

Auseinandersetzungen sind unvermeidbar

Der Autor möchte all jenen Mut machen, die in Alltag und Beruf Streit erleben. Das sei kein Zeichen eines schlechten Verhältnisses, sondern vielmehr überhaupt eines einer Beziehung, glaubt er. Man könne Auseinandersetzungen nicht entgehen – weder in Partnerschaften noch unter Freunden, in der Familie oder zwischen Arbeitskollegen –, sondern sie nur unterschiedlich gut bewältigen. Dementsprechend führten sie entweder zu Krisen, Trennungen oder fruchtbaren Lösungen. Es sei wichtig, seinem Gegenüber aktiv zuzuhören und gleichzeitig seine eigenen Wünsche klar und prägnant zu formulieren.

Wie Konflikte psychologisch funktionieren, erklärt Sachse im ersten Teil des Buchs. So verschlimmern sie sich, wenn man sie vermeidet oder nur unterschwellig austrägt. Ein Beispiel: Ein Paar, das Schwierigkeiten damit hat zu klären, wer was bestimmen darf, thematisiert das nicht offen, sondern streitet sich über kaum relevante Dinge wie die Wohnungseinrichtung, die Ausstattung der Ferienwohnung oder das Abend­essen. In so einem Fall hilft es nicht, sich zu einigen, welche Wohnzimmerlampe man kauft. Das eigentliche Problem liegt tiefer.

Der zweite Teil handelt davon, was getan werden kann, wenn zwei Partner einen Konflikt nicht mehr selbst in den Griff bekommen. Dann empfiehlt es sich laut Sachse, einen professionellen Moderator einzuschalten. Dessen Aufgabe sei es weder herauszufinden, wer wann was getan hat, noch, wer der Schuldige ist – an einem Streit seien ohnehin immer beide Parteien beteiligt. Vielmehr gehe es darum, sich gegenseitig zu verstehen, einen tragfähigen Kompromiss zu erarbeiten und neues Vertrauen zu schaffen.

Wahrer Augenöffner

Dank des handlichen Formats und der kompakten Zusammenfassung wirkt das Buch wie ein Kompen­dium der Konfliktbewältigung. Man möchte es am liebsten immer in der Tasche tragen, um in einer kritischen Situation darin nach Rat zu suchen. Für jeden, der sich noch nie ernsthaft mit dem Thema auseinandergesetzt hat, ist das Buch ein wahrer Augenöffner.

Schade nur, dass den Lektoren offenbar entgangen ist, dass ein Doppelpunkt nur vor angekündigten Gedanken, Zitaten, Aufzählungen, Zusammenfassungen oder Schlussfolgerungen steht. Denn "Konflikt und Streit" ist gespickt mit diesen Interpunktionszeichen, die an Stellen auftauchen, wo sie nicht hingehören. Die irreführende Zeichensetzung erzeugt ständig Erwartungen, die nicht erfüllt werden – und versetzt die Leser dadurch unter Dauerstrom, der sich nie entlädt. Immerhin, nach ein paar Dutzend Seiten hört das auf, weil man sich daran gewöhnt, es zu ignorieren.

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