Direkt zum Inhalt

Depression mit Kinderaugen sehen

Laut Bundesministerium für Gesundheit leiden weltweit rund 350 Millionen Menschen an Depression, Tendenz steigend. Unter den Betroffenen finden sich auch viele Eltern. Nur was tun, wenn Mama oder Papa sich zurückzieht oder für einige Zeit in eine Klinik muss? Wie erklärt man die psychische Erkrankung dem Sohn oder der Tochter? Da gilt es die passenden Worte zu finden – ein schwieriges Unterfangen, dem sich Claudia Gliemann in ihrem Kinderbuch "Papas Seele hat Schnupfen" gestellt hat.

Im Zentrum steht die kleine Nele, jüngster Spross einer Zirkusfamilie, der Santinis. Inmitten von Clowns und Künstlern herrscht meist gute Laune, jedoch nicht bei jedem: Neles Vater geht es seit Längerem schlecht, er ist immerzu betrübt. Als Neles Eltern, berühmte Seilartisten, sich bei einer Zirkusolympiade mit den Besten der Besten messen sollen, wagt sich ihr Vater vor laufenden Kameras nicht auf das Seil. Die Santinis scheiden aus dem Wettbewerb aus, und Neles Vater kommt in eine Klinik.

Für Nele ist es schlimm, den Vater so zu erleben, und gleichzeitig unbegreiflich, was in ihm vorgeht. Doch ein Clown, der sich selbst "dummer August" nennt, erklärt ihr, was mit ihrem Vater los ist. Als dieser die Klinik endlich wieder verlässt, versteht Nele schließlich, dass eine Depression nicht etwa eine kleine seelische Erkältung, sondern eher wie ein Beinbruch ist, der seine Zeit braucht, um zu heilen – und gar nichts Seltsames an sich hat. Der Leser erfährt, wie Nele mit der Situation umgeht, was sie braucht und was ihr und ihrem Vater guttut.

Rollenwechsel nach Klinikaufenthalt

Claudia Gliemann ist es mit diesem Buch wunderbar gelungen, die Komplexität einer Depression in Kinderworte zu fassen. Illustriert wird die Geschichte von Nadia Faichney, die den Text kongenial in Bilder umsetzt und besonders die emotionalen Gesichtsausdrücke der Protagonisten eindrucksvoll darstellt. Schön an dem Buch ist auch, dass es nicht mit der Rückkehr des Vaters aus der Klinik endet – es gibt auch kein "Happy End" im klassischen Sinne. Man erfährt vielmehr von den Schwierigkeiten nach der Therapie und wie es dann weitergehen kann. Neles Vater tritt nicht mehr öffentlich auf, nimmt aber eine neue Rolle in der großen Zirkusfamilie ein, mit der er zufrieden ist. Sein Hang zur Schwermut wird so erfolgreich in den Alltag einbezogen.

Das Buch kann nicht nur Kindern ab sechs Jahren weiterhelfen. Auch denjenigen, die sich um ein Kind und dessen an Depression erkrankten Elternteil sorgen, gibt es Anregungen, wie mit der Situation am besten umzugehen ist. Manchmal braucht ein Kind einfach einen "dummen August", der sich die Zeit nimmt, ihm alles zu erklären. Ein absolut empfehlenswertes Buch, wenn man nach Worten sucht, um eine schwierige Diagnose kindgerecht zu erklären.

Kennen Sie schon …

Spektrum Gesundheit – Beweg dich gesund - Wie Sitzen schadet und man Schmerzen vorbeugt

Neun Stunden sitzen wir jeden Tag. Ab wann das viele Sitzen zur Gesundheitsgefahr wird und Alterungsprozesse beschleunigt und wie Sie leicht mehr Bewegung in den Alltag bringen, lesen Sie in »Spektrum Gesundheit«. Plus: Faszien als Schmerzsensoren + Osteopathie im Check + Krank durch Beipackzettel.

Spektrum Psychologie – Ist das eine Depression?

Wenn wir uns schlapp und bedrückt fühlen, kann das viele Ursachen haben. Wie Sie herausfinden, ob eine Depression dahintersteckt, erklären wir in dieser Ausgabe. Außerdem beleuchten wir, welche Rolle die Gesellschaft bei Depressionen spielt und widmen uns erfolgreichen Psychopathen.

Spektrum - Die Woche – Welche Psychotherapie passt zu mir?

Studien zufolge erkrankt jeder fünfte bis sechste Erwachsene mindestens einmal in seinem Leben an einer Depression. Doch wie finden Betroffene eine Therapie, die zu ihnen passt? Außerdem in dieser Ausgabe: Kolumbiens kolossales Problem, der Umgang mit Polykrisen und die Übermacht der Eins.

Schreiben Sie uns!

1 Beitrag anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.