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Von Kopf bis Fuß auf Denken eingestellt

Der Mensch denkt nicht mit dem Kopf allein. Sondern auch mit seinen Sinnen, Muskeln, Fingern, kurz: mit dem ganzen Körper. Diese Erkenntnis der Embodimentforschung (von englisch embodied cognition: "verkörpertes Denken") rückt der Journalist Christian Ankowitsch ins Zentrum seines neuen Buchs.

Der Autor hat sich in der Vergangenheit bereits mit unterhaltsamen Sachbüchern über Psychologiethemen einen Namen gemacht, darunter "Dr. Ankowitschs kleiner Seelenklempner" (2009) oder "Mach’s falsch und du machst es richtig" (2011). Nun also nimmt er sich dem menschlichen Denken an, das ihm zufolge ganz anders funktioniert, als wir gemeinhin glauben. Es basiert nämlich nicht (nur) auf dem Abstrahieren und logischen Verrechnen der in neuronalen Netzwerken gespeicherten Informationen. Vielmehr ist Denken ein "ganzheitlicher", durch zahlreiche innere und äußere Einflüsse gesteuerter Prozess. Wir stehen dabei permanent mit unserer physischen und sozialen Umwelt im Austausch, weshalb Wahrnehmung, Vorstellung und Bewegung großem Einfluss darauf haben, was wir wann und wie denken.

Den Ausschlag geben unwichtige Kleinigkeiten

Aus der Fülle der psychologischen Laborexperimente, die dies bestätigen, hat Ankowitsch eine kluge Auswahl getroffen. Darunter sind Klassiker wie jene Arbeiten, die zeigen, dass wir mit einem warmen Getränk in der Hand vertrauensseliger sind; dass Bewerbungen, die man auf einer schweren Kladde liest, "gewichtiger" erscheinen; oder dass Händewaschen von Schuldgefühlen befreit. Aber auch auf wenig bekannte Experimente geht der Autor ein, etwa zu konzentrationsfördernden Effekten des Kaugummikauens.

Nach einem einleitenden Kapitel über die Verbindung von Körper und Geist behandelt Ankowitsch Gefühle, Wahrnehmung und Kreativität als jene Bereiche, in denen sich das Embodiment besonders bemerkbar macht. Er versteht es, das Interesse seiner Leser mit kleinen Volten und Überraschungseffekten immer wieder neu zu entfachen. Dass er von Haus aus nicht Wissenschafts-, sondern Kulturjournalist ist (er moderiert etwa das ORF-Literaturmagazin "Lesart"), macht sich in eingeflochtenen Episoden aus der Belletristik und in manchem feuilletonistischen Exkurs bemerkbar. Sie heben das Buch wohltuend von jener Studienparade ab, auf die sich einschlägige Sachbücher oft beschränken.

Das Auge liest mit

Unter die mit viel Esprit vorgetragenen Betrachtungen mischen sich die Ergebnisse der Laborexperimente so unauffällig, dass man darüber staut, wie locker und witzig sich Grundlagenforschung vermitteln lässt. Ganz am Ende, kurz vor den "12+1" praktischen Schlussfolgerungen für den (Denk-)Alltag, lüftet der Autor auch das titelgebende Geheimnis, warum Einstein keine Socken trug.

Einziges Manko des Buchs ist sein zu klein geratenes Format mit dem eng gedruckten Satzspiegel, das die Lektüre auf Dauer etwas mühselig macht. Ein luftigeres Layout hätte besser zum Stil des Autors gepasst, denn wie uns Ankowitsch selbst lehrt, liest das Auge mit – die sinnliche Erfahrung beeinflusst unser Denken. Bei manchem Buchgestalter scheint das noch nicht angekommen zu sein.

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