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Viel mehr als ein Katalog

Endlich ist es da, das große Buch zum Mathematikum. Der Autor hat zwar vor fünf Jahren bereits ein "Kleines Mathematikum" vorgelegt, das im selben Verlag erschien (Rezension hier). Anders als dort geht es diesmal aber tatsächlich um die Exponate des Mathematikums in Gießen, des ersten Mathematik-Mitmachmuseums der Welt, das 2002 eröffnet wurde.

Der Buchtitel bezieht sich auf eines der beliebtesten Experimente in dem Museum – die Seifenblase nämlich, in die sich geduldige Besucher einhüllen können, wenn die Seifenhaut nicht vorher reißt. Der Name des Autors bürgt für Qualität: Beutelspacher, Professor für Mathematik an der Justus-Liebig-Universität Gießen, ist ein überaus produktiver und vielfach preisgekrönter Buchautor. Bestseller à la "Wie man durch eine Postkarte steigt ... und andere mathematische Experimente" (2008) haben ihn weithin bekannt gemacht, vor allem aber seine Fernsehsendung "Mathematik zum Anfassen".

Ein Kilo Wissen

"Wie man in eine Seifenblase schlüpft" ist mit gut einem Kilogramm ein gewichtiges Werk, wie man es von einem Museumskatalog erwartet. Es eignet sich gut für den Schulgebrauch, denn die erfreulich vielen, hervorragenden Illustrationen und Versuchsskizzen lassen sich im normalen Mathematikunterricht oder für Arbeitsgemeinschaften nutzen, zumal man das Werk auch als eBook erwerben kann. Der Preis von knapp 20 € ist sehr angemessen.

Es ist natürlich auch eine wunderbare Erinnerung für alle Besucher des Mathematikums. Etliche Exponate sind in den Band aufgenommen worden, wenn auch nicht alle. Unter anderem fehlt Peter Gallins 2048-seitiges Buch, das er durch zehnmaliges Halbieren eines DIN-A4-Blatts hergestellt hat. Dennoch werden die meisten Leser bei der Lektüre feststellen, dass sie einige von den aufgeführten Exponaten überhaupt nicht gesehen haben, umso mehr, da deren Zahl seit Eröffnung des Museums deutlich zugenommen hat. Obwohl das Buch zwangsläufig nur den aktuellen Stand wiedergeben kann, wird es auch in einigen Jahren noch aufschlussreich und wertvoll sein.

Das Werk beginnt mit einem umfangreichen Vorwort, in dem der Autor die Ideen und Überzeugungen erläutert, die zur Entstehung des Mathematikums geführt haben, sowie die Absicht, die er mit diesem Buch verfolgt. Es folgen 18 Kapitel, denen laut Untertitel "100 Experimente" zugeordnet sind. Diese Bezeichnung ist etwas irreführend – tatsächlich werden 100 Themen angeschnitten mit deutlich mehr als 100 Experimenten. Fast jedes Thema lässt sich unabhängig von den anderen lesen und verstehen; auf Zusammenhänge mit anderen Buchabschnitten weist der Autor gegebenenfalls hin. Die beiden letzten Abschnitte beschäftigen sich mit Mathematikwettbewerben, der Fields-Medaille sowie den Träumen von Mathematiker(inne)n und runden den Band ab.

Mathematik im Selbstversuch

Wie man es von Beutelspacher kennt, sind die Erläuterungen anschaulich und gut nachvollziehbar. Sollten dennoch Verständnisprobleme auftreten, helfen sorgfältig erstellte Abbildungen und Fotos, sie zu überwinden. Manche Experimente, etwa mit Spiegeln, lassen sich mit Sicherheit besser verstehen, wenn man sie selbst durchführt. Das ist in vielen Fällen mit einfachen Mitteln möglich. Als sehr aufschlussreich erweisen sich jene Textabschnitte, in denen der Autor den historischen Hintergrund von Exponaten oder Experimenten darstellt.

Eingeschobene, farbig unterlegte Texte "Zum Weiterdenken" vertiefen den fachlichen Hintergrund für mathematisch Interessierte. Dies wird allerdings nicht konsequent gehandhabt: Manche Abschnitte enthalten erstaunlich detaillierte Darstellungen, die man hätte ausgliedern können, an anderen Stellen wünscht man sich Ergänzungen. Doch vermutlich geriete das Buch zu sehr zu einem echten Katalog, wenn alle Abschnitte einheitlich wären. Und es wäre ermüdend, wenn alles bis ins kleinste Detail erklärt würde. So bleiben den Lesern noch Freiheiten, manches selbst zu recherchieren oder im Experiment zu erschließen.

Der Verlag bewirbt den Band mit den Sätzen "Jeder kann Mathematik. Und Mathematik lernt man, indem man Mathematik macht. Am besten anhand der 100 Experimente dieses Buches (...)" Dem lässt sich nach der Lektüre beipflichten.

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