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Exkursionen zum Mond

Mit dem "Moonhopper" legt der Oculum-Verlag nun den dritten Band seiner Reihe "Astro-Praxis" vor. Nach dem "Starhopper" und einem Werk zur Sonnenbeobachtung widmet sich dieses Buch dem zweithellsten und nächsten Himmelsobjekt, das sich schon mit einem kleinen Teleskop als faszinierendes Exkursionsziel entpuppt. Der "Moonhopper" bietet reichlich Material für ausgedehnte Touren über den Erdtrabanten. Dem Hauptteil "Moonhopping-Touren" vorangestellt sind fünf Kapitel zur Technik der Mondbeobachtung und zum Mond selbst, wenn auch in verwirrender Reihenfolge.

Der Leser erfährt zunächst Grundlegendes über Beobachtungsgeräte wie Teleskope, Montierungen und Okulare. Ganz dem Erdtrabanten widmet sich das zweite Kapitel: Erklärt werden unter anderem Mondphasen, Mondalter, Libration, kartografische Grundlagen und Bildorientierung im Teleskop. Das dritte Kapitel zur Beobachtungspraxis beginnt mit einem Überblick zu gedruckten und digitalen Mondkarten und präsentiert viele Tipps für eigene Mondbeobachtungsnächte. Kapitel 4 wendet sich wieder dem Mond selbst zu und beschreibt detailliert und lesenswert die Bandbreite lunarer Oberflächenformationen. Warum dann ein Abschnitt folgt, der durchaus Teil des dritten Kapitels zur Beobachtungspraxis sein könnte, bleibt mir unklar, denn im fünften Kapitel gibt es wertvolle Tipps zur Dokumentation eigener Mondbeobachtungen, zur Technik des Zeichnens und zur digitalen Mondfotografie.

Die 20 Moonhopping-Kapitel folgen einem einheitlichen Schema: Jede einzelne der nach Mondalter geordneten Touren führt den Beobachter in eine bestimmte Mondregion und präsentiert markante – und weniger leicht auffindbare – Formationen. Jedes Kapitel wird mit einer Übersichtsfotografie eingeleitet, der ein hoch aufgelöstes Mosaik zu Grunde liegt, das von der amerikanischen Mondsonde "Lunar Reconnaissance Orbiter" (LRO) mit der "Lunar Reconnaissance Orbiter Camera" (LROC) gewonnen wurde. Diese Bilder sind sehr detailliert, wenn auch ausführlichere Bildlegenden hilfreich zum Auffinden einzelner Oberflächendetails sein dürften. Wer ein Teleskop mit Zenitspiegel nutzt und daher Probleme mit den Übersichtsbildern haben sollte, der erhält diese über die Verlagswebsite in gespiegelter Version. Durch die identische Detailtiefe aller Übersichtsbilder ist eine gute Vergleichbarkeit verschiedener Mondregionen gewährleistet.

Die Methode des "Starhoppers" wird auch im Mondführer angewandt: Um kleine Strukturen auf dem Mond aufzusuchen, geht der Weg über markante oder größere – und führt so mit ein wenig Übung zum Ziel. Die gut geschriebenen Moonhopping-Kapitel spiegeln die große Beobachtungserfahrung der Autoren wider und bieten dem Leser reichlich Hintergrundwissen, stets auch zur Entstehung einzelner Formationen der Mondoberfläche. Gerne greift man den Faden auf und knobelt am Okular mit den Autoren, welcher beispielsweise an Alphonsus angrenzende Krater nun der älteste sein mag. Das ist mitunter fast schon praktische Mondgeologie.

Der Textteil ist anschaulich mit Zeichnungen und Fotografien einzelner Regionen oder Formationen illustriert. Wer eigene Beobachtungen zu Papier bringt, schaut genauer hin – und sieht mehr. Dieser Maxime folgend, motivieren die von Mondzeichnern aus aller Welt stammenden, durchweg meisterhaften Mondzeichnungen auch jene Mondbeobachter, deren Darstellungskünste noch ausbaufähig sind.

Negativ fiel mir das einleitende Kapitel zur "Ausrüstung" auf. Die Autoren beginnen sprichwörtlich bei Adam und Eva, bleiben jedoch an der Oberfläche. Das können Anfängerbücher besser. Auch in den beiden ersten Oculum-Bänden zur "Astro-Praxis" finden sich Tipps zur Ausrüstung, in beiden Fällen jedoch stringenter und – für den jeweiligen Beobachtungszweck – zielführender. So ist es mir beispielsweise ein Rätsel, weshalb in einem Buch zur Mondbeobachtung ein System wie der "Schiefspiegler" behandelt wird. Kaum ein Amateurastronom dürfte mit diesem teuren, komplizierten und unhandlichen Teleskoptyp Freude haben, dessen Gesichtsfeld winzig klein ist.

Für eine Neuauflage wäre es wünschenswert, die Ausführungen des ersten Kapitels zu straffen und stets den Erdtrabanten im Blick zu halten. Die unterschiedliche Qualität der einzelnen Kapitel und ihre eigenartige Reihenfolge lassen die Zielgruppe des "Moonhoppers" diffus erscheinen. Erfahrene Beobachter, an die sich die beiden ersten Bände der Oculum-Praxis-Reihe wenden, dürften auf den ersten 91 Seiten wenig Neues finden. Anfänger hingegen lesen besser Bücher, die es für ihre Zielgruppe reichlich gibt.

Dennoch: Vor allem der Hauptteil des "Moonhoppers" ist sehr lesenswert und informativ. Der Leser lässt sich gerne einladen, häufiger und mit geschärftem Blick den Mond zu entdecken.

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  • Quellen
Sterne und Weltraum 5/2012

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