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Kleines Buch zum großen Thema

Wenige Themen in der öffentlichen Wahrnehmung sind ähnlich komplex wie das Klima und sein Wandel. Auch ohne die zurzeit – gottlob – eifrig geführte Debatte über die globale Klimaerwärmung und geeignete und ungeeignete Gegenmaßnahmen, erscheinen die Hintergründe klimatischer Vorgänge so umfassend, dass dem einfachen Bürger der Kopf schwirrt, wenn Experten diskutieren.

Eines ist klar: Es geht um physikalische Prozesse in der Atmosphäre und deren chemische Zusammensetzung. Allerdings fußt beides auf Prozessen, die sich in den Weltmeeren, im tiefen Untergrund der Erde wie an ihrer Oberfläche, aber auch im Sonnensystem abspielen. Will man sich zusätzlich mit dem menschlichen Einfluss auseinandersetzen, führt kein Weg an Kenntnissen über die erdgeschichtliche Betrachtung des Klimas vorbei: an Kalt- und Warmzeiten, der Entstehung von Gebirgen zu unterschiedlichen Zeiten, an Verwitterungsprozesse sowie der Bildung von fossilen Energien. Spätestens hier steigt der Laie oft aus.

Deshalb hat der Ulmer-Verlag in seiner Reihe "Ulmer Naturführer" das Heftchen "Klima – Basiswissen, Klimawandel, Zukunft" von Lutz Spandau und Peter Wilde herausgegeben. Das dünne Büchlein umfasst 128 Seiten. Wenn man Inhaltsverzeichnis, Glossar, Literaturhinweise, Register und nachgeschaltete Werbung ignoriert, verbleiben etwa 105 Seiten, die wiederum im Durchschnitt nur zur Hälfte Text enthalten – die andere Hälfte sind zumeist schöne Fotos, aber immerhin auch einige Diagramme oder erklärende schematische Abbildungen. Schätzungsweise kommt man vielleicht auf insgesamt 25 DIN-A4-Seiten mit Informationen – ein sehr knapper Rahmen für einen derart umfassenden Untersuchungsgegenstand. Aber es soll ja schließlich auch nur das Basiswissen zum Thema Klima vermittelt werden.

Man sollte also erwarten, dass die Autoren die wesentlichen Fakten und die offenen Fragen präzise und allgemein verständlich auf den Punkt bringen. Und tatsächlich ist das Buch gut und sinnvoll untergliedert, der Text verlangt keine allzu tiefen Vorkenntnisse jedoch kritische Distanz. Dennoch entsteht der Eindruck, dass die Autoren hier und da "schwimmen" oder einfache Dinge schlicht falsch wiedergeben. Zwei Beispiele: Es stimmt beispielsweise nicht, dass die Skelette von Kieselalgen Kohlenstoff enthalten. Sie bestehen aus Siliziumdioxid. Die Organe hingegen enthalten sehr wohl organische Substanz, dessen wesentlicher Bestandteil Kohlenstoff ist. Null Grad Celsius ist nicht gleich minus 273 Kelvin. Dieser Zusammenhang wird gleich zweimal so erwähnt. Es ist genau umgekehrt: minus 273 Grad Celsius sind Null Kelvin.
Irritierend wirkt deshalb, dass sich Verlag und Autoren am Buchende einen Freibrief ausstellen wollen: Die enthaltenen Angaben seien mit größter Sorgfalt zusammengestellt und geprüft worden. Eine Garantie auf Richtigkeit könne man jedoch nicht abgeben. Man übernähme keine Haftung. Das hat "Gschmäckle": Weder Verlag noch die Autoren scheinen das eigene Werk ernst zu nehmen.

Dieses Buch sei deshalb nur denjenigen empfohlen, die sich einen Überblick über die allergröbsten Zusammenhänge verschaffen wollen – ohne den Anspruch zu erheben, man könne anschließend fundiert und auf sauberer Basis an der Klima-Diskussion teilnehmen. Mehr als ein Einstieg ist es jedenfalls nicht.

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