Lieber weniger Romantik
Patchworks – so nennt der Sozialhistoriker
Reinhard Sieder sein Buch über
postmoderne Familienarrangements, in
denen der Umgang mit Trennungen und
neuen Konstellationen Erwachsene wie
Kinder vor besondere Herausforderungen
stellt. Der Titel passt im doppelten
Sinn, denn wenn der Band eines vermittelt,
dann die Erkenntnis, dass es "die"
Patchworkfamilie gar nicht gibt. Vielmehr
handelt es sich um einen Flickenteppich
von Lebensentwürfen mit
einer wechselnden Zahl von Kindern und
mehr oder weniger involvierten biologischen
oder sozialen Vätern, Müttern und
Großeltern.
Nach einem weiten Bogen über die vergangenen Jahrhunderte westlicher Familienkultur stellt der Autor sechs Fallbeispiele vor. Sie illustrieren die große Bandbreite möglicher Schicksale – vom bildungsfernen Milieu mit Gewaltpotenzial über ideologisch aufgeladene Intellektuellenbeziehungen bis hin zu gut situierten Künstlerkreisen mit einem globalen Partnersuchradius. Allen gemeinsam ist die ihren Beziehungen eigene Dynamik: sich abwechselnde Phasen von Idealisierung, Kinderwunsch, Entwertung, Trennung, Ernüchterung und Pragmatismus.
Sieder beschreibt ausführlich die verschiedensten Faktoren, die auf das System Patchworkfamilie wirken, doch eine Botschaft ist ihm besonders wichtig – sie zieht sich durch das ganze Buch: Die Idee der romantischen Liebe, die zwei Partner plus eine Anzahl eigener Kinder dauerhaft und harmonisch zusammenschweißt – also das in unserer Gesellschaft immer noch präsente Ideal der glücklichen Kernfamilie aus Mutter, Vater und ein bis zwei Kindern – sei eine Illusion. Warum? Weil die Logik der romantischen Liebe, aus einem gut funktionierenden Liebespaar würde ganz automatisch auch ein gut funktionierendes Elternpaar, das die eigene Romantik und Leidenschaft auch noch aufrechterhalten kann, in der Realität nicht existiere.
Eine pragmatisch-skeptische Betrachtungsweise, die nicht das große lebenslange Glück erwartet, stellte sich allerdings oft erst in späteren Beziehungen ein. Dass die auf eine Trennung folgenden Partnerschaften durchaus glücken können, ist die tröstende und motivierende Botschaft des Autors.
Natürlich bringt eine solche Betrachtungsweise Probleme mit sich. Sieder räumt ein, sein Buch sei eine "Grenzwanderung zwischen soziologischen, psychologischen und psychotherapeutischen Fragestellungen" – wobei letztere vergleichsweise kurz kommen. Insgesamt aber handelt es sich um ein umfassendes, sehr scharfsinnig geschriebenes Werk, das Wissenschaftlern wie Praktikern gleichermaßen zu empfehlen ist.
Nach einem weiten Bogen über die vergangenen Jahrhunderte westlicher Familienkultur stellt der Autor sechs Fallbeispiele vor. Sie illustrieren die große Bandbreite möglicher Schicksale – vom bildungsfernen Milieu mit Gewaltpotenzial über ideologisch aufgeladene Intellektuellenbeziehungen bis hin zu gut situierten Künstlerkreisen mit einem globalen Partnersuchradius. Allen gemeinsam ist die ihren Beziehungen eigene Dynamik: sich abwechselnde Phasen von Idealisierung, Kinderwunsch, Entwertung, Trennung, Ernüchterung und Pragmatismus.
Sieder beschreibt ausführlich die verschiedensten Faktoren, die auf das System Patchworkfamilie wirken, doch eine Botschaft ist ihm besonders wichtig – sie zieht sich durch das ganze Buch: Die Idee der romantischen Liebe, die zwei Partner plus eine Anzahl eigener Kinder dauerhaft und harmonisch zusammenschweißt – also das in unserer Gesellschaft immer noch präsente Ideal der glücklichen Kernfamilie aus Mutter, Vater und ein bis zwei Kindern – sei eine Illusion. Warum? Weil die Logik der romantischen Liebe, aus einem gut funktionierenden Liebespaar würde ganz automatisch auch ein gut funktionierendes Elternpaar, das die eigene Romantik und Leidenschaft auch noch aufrechterhalten kann, in der Realität nicht existiere.
Eine pragmatisch-skeptische Betrachtungsweise, die nicht das große lebenslange Glück erwartet, stellte sich allerdings oft erst in späteren Beziehungen ein. Dass die auf eine Trennung folgenden Partnerschaften durchaus glücken können, ist die tröstende und motivierende Botschaft des Autors.
Natürlich bringt eine solche Betrachtungsweise Probleme mit sich. Sieder räumt ein, sein Buch sei eine "Grenzwanderung zwischen soziologischen, psychologischen und psychotherapeutischen Fragestellungen" – wobei letztere vergleichsweise kurz kommen. Insgesamt aber handelt es sich um ein umfassendes, sehr scharfsinnig geschriebenes Werk, das Wissenschaftlern wie Praktikern gleichermaßen zu empfehlen ist.
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